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Schule: Referendare beklagen Überlastung Beschwerdebrief wegen Unterrichtsverpflichtung

Personalrat: Probleme bis zum Burn-out-Syndrom

Die einen nennen es „einen Schock“, die anderen bemühen den Vergleich vom „Sprung ins kalte Wasser“: Die Rede ist von Berlins Lehrerausbildung in Zeiten der Sparzwänge. Jetzt haben sich die Referendare mit einem langen Beschwerdebrief an die Bildungsverwaltung gewandt und um Entlastung gebeten. Sie beklagen „zunehmende gesundheitliche Probleme, die bis zum Burn-out-Syndrom führen“.

An erster Stelle kritisiert der Personalrat der rund 2200 Berliner Referendare die hohe Unterrichtsverpflichtung: Frisch von der Universität müssen die Lehramtsanwärter pro Woche mindestens sieben Stunden unterrichten. Die Schulen haben an dieser Stelle kaum Spielraum: Wenn sie den Referendaren erlauben würden, weniger Unterricht zu geben, müsste das Kollegium entsprechend mehr arbeiten.

„Es war ein Schock für uns“, sagt im Rückblick eine Referendarin, die ihre Ausbildung am Tegeler Humboldt-Gymnasium absolviert hat. „Da brennt die Luft“, beschreibt ein Leidensgenosse die Anfangszeit, in der er vor der Klasse stand, ohne auch nur im mindesten zu wissen, „wie Unterrichten geht“. Letztlich litten darunter nicht nur die Referendare, sondern auch die Schüler, bedauert ein frisch gebackener Junglehrer, der – angesichts der laufenden Bewerbungen – seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Erschwerend komme hinzu, dass man kaum wage, die erfahreneren Lehrer um Rat zu fragen oder gar in den Unterricht mit hineinzubitten: Wer sich um Referendare kümmert, bekommt keinerlei „Abminderungsstunden“, muss also genauso viel wie seine Kollegen unterrichten. „Man muss die Lehrer in der Pause ansprechen“, beschreibt der Referendar Sebastian Muchin die Ausgangslage. Allerdings betonen beide, dass sie es am Humboldt-Gymnasium gut getroffen hätten: Hier gebe es eine große Bereitschaft, sich um Referendare zu kümmern, und auch mit ihren Lehramtsausbildern im schulpraktischen Seminar hätten sie großes Glück gehabt.

So geht es nicht allen. Mindestens ein Viertel der Ausbilder sei den Referendaren „nicht sehr wohlgesonnen“, heißt es im Personalrat, der sein Schreiben allerdings „nicht als Brandbrief“ verstanden wissen will. In der Verwaltung nimmt man die Beschwerden der Referendare jedoch offenbar ernst. Der zuständige Mitarbeiter hat sie unverzüglich an alle Ausbilder weitergeleitet und bittet darum, die „Sichtweise des Personalrates nicht nur zur Kenntnis zu nehmen“, sondern mitzuteilen, welche Aspekte „in weiteren Gesprächen mit dem Personalrat aufgegriffen und weiterdiskutiert werden sollen“. Als Beispiel nennt er den Vorwurf, dass die Ausbilder für die Belastungen der Lehramtsanwärter nicht sensibilisiert seien.

Kein Entgegenkommen zeigt die Verwaltung aber in Bezug auf die Hauptbeschwerde, die hohe Unterrichtsverpflichtung: Hier etwas zu ändern, würde Millionen kosten. Berlins 2200 Referendare unterrichten mit ihren sieben Stunden in der Summe so viel wie rund 600 Lehrer, die rund 26 Stunden wöchentlich geben.

Angesichts der finanziellen Nöte der Stadt schlägt Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren einen Mittelweg vor: Man solle die Unterrichtsbelastung zumindest im ersten Halbjahr reduzieren. Denn eines stehe fest: „Es ist verdammt schwer, aus dem Stand heraus sieben Stunden zu unterrichten.“

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