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Tod eines 17-Jährigen in Berlin: Müllfahrer zu 7200 Euro Strafe verurteilt

Im Prozess um fahrlässige Tötung wurde am Freitag ein Müllfahrer zu einer Strafe von 7200 Euro verurteilt. Er hatte im Juni einen Schüler angefahren, der später im Krankenhaus starb. Der Angeklagte war entgegen der Vorschrift ohne Einweiser mit dem Müllwagen rückwärts gefahren.

Die Tour war Routine, die Straße schien frei. Weil der Müllwagen nicht wenden konnte, legte Claus S. den Rückwärtsgang ein und setzte ohne Einweiser zurück. „Wenn man jeden Tag fährt, glaubt Herr der Situation zu sein“, sagte der 61-Jährige am Freitag vor Gericht. Der 25-Tonner hatte im Spieroweg in Staaken 119 Meter zurückgelegt, als es zum Unglück kam. Ein 17-Jähriger, der Kopfhörer auf hatte und das Piepen des BSR-Fahrzeugs nicht gehört hatte, wurde erfasst und 38 Meter mitgeschleift.

Im Prozess um fahrlässige Tötung war der damalige Fahrer den Tränen nahe. „Die Straße war frei“, sagte er. Der Richter zitierte aus dem Regelwerk der BSR und fasste zusammen: „Keinen Meter rückwärts ohne Einweiser.“ Warum hielten sich S. und seine beiden Kollegen, die am 21. Juni mit auf dem Wagen waren, nicht daran? „Es war eine übersichtliche Sackgasse“, sagte der Angeklagte. Man habe geguckt, sich dann auf Spiegel und Rückfahrkamera verlassen. „Das Auto ist nicht zu übersehen, beim Rückwärtsfahren piepst es“, nuschelte ein Kollege.

Doch auch noch nach dem tragischen Tod des Schülers scheint es zwischen Theorie und Praxis eine Lücke zu gegen. Das ergab die Aussage des dritten Mannes, der zum Team gehörte. „Nach meiner Wahrnehmung wird die Vorschrift jetzt zu 90 Prozent eingehalten“, sagt der Müllwerker. Es werde „noch strenger“ auf die Einhaltung der Anweisung geachtet.

Es ist unklar, woher der Schüler an jenem Vormittag kam. Trotz der Spiegel und des Kamerasystems im Wagen bleibe ein toter Winkel, erläuterte ein Gutachter. Der damalige BSR-Fahrer senkte den Kopf. Er war im März 2011 zu einer Schulung. Anhand von Bildern wurde ihm und seinen Kollegen gezeigt, wie ein derartiges Müllfahrzeug einzuweisen ist. Er sei jährlich belehrt worden, sagte er.

Nach einem Gutachten war aber auch der Blick auf den Monitor der Kamera im Müllwagen zu flüchtig. Für etwa zwei Sekunden, so der Sachverständige, sei der junge Passant zu sehen gewesen. Aber auch für den Fußgänger sei der Unfall möglicherweise vermeidbar gewesen, wenn er keine laute Musik gehört hätte. Der Schüler war im Rücken getroffen worden und gestürzt. Er starb wenig später in einem Krankenhaus.

Der Staatsanwalt verlangte auch zur Abschreckung sechs Monate Haft auf Bewährung. Er wäre dem Antrag gefolgt, „wenn die Belehrung des Angeklagten frischer gewesen wäre und die BSR gegen die offenkundig laxe Praxis konsequent etwas unternommen hätte“, sagte der Richter. Zudem habe auch der Schüler einen groben Fehler gemacht. Gegen BSR-Mitarbeiter, der nun unter Gehaltskürzung als Müllwerker arbeitet, ergingen 7200 Euro Strafe (120 Tagessätze zu je 60 Euro).

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