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Bisher: 8,50 Euro. Ab 2017 sind es 34 Cent mehr.

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Update

Lohnuntergrenze: Mindestlohn steigt auf 8,84 Euro in der Stunde

Statt 8,50 Euro bekommen Geringverdiener ab dem nächsten Jahr 34 Cent mehr in der Stunde. Nicht alle sind damit zufrieden

Ab dem nächsten Jahr bekommen deutsche Arbeitnehmer einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenze soll Anfang 2017 von derzeit 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde steigen – was für jemanden mit einer Vollzeitstelle gut 55 Euro mehr im Monat ist. Die Erhöhung legte die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern am Dienstag einstimmig fest.

Der Mindestlohn war eine zentrale sozialpolitische Neuerung der schwarz-roten Koalition und gilt seit eineinhalb Jahren. Neben dem Vorsitzenden Jan Zilius gehören der Kommission je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sowie zwei beratende Wissenschaftler an. Im Kern orientiert sich die Kommission am Tarifindex – der Steigerung des durchschnittlichen tariflichen Stundenlohns. Die Abschlüsse, die in den letzten eineinhalb Jahren wirksam wurden, machen ein Plus von 3,2 Prozent aus, womit der Mindestlohn auf exakt 8,77 Euro gestiegen wäre. Das Gremium hatte aber einen eigenen Entscheidungsspielraum.

Woran die Gewerkschaft scheiterte

In ihrem Beschluss berücksichtigte die Kommission den jüngsten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaften scheiterten allerdings an der Forderung, auch den jüngsten Tarifabschluss für die Metall- und Elektrobranche miteinzubeziehen. Dann hätte der künftige Mindestlohn bei 8,87 Euro gelegen. Kommissionsmitglied und DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell meinte trotzdem: „Aus unserer Sicht ist das Glas etwas voller als halbleer.“
Der Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer. Mit Ausnahme von Azubis, Menschen mit einem Pflichtpraktikum oder einem Praktikum unter drei Monaten, und Langzeitarbeitslosen nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Vor der gesetzlichen Einführung hatten Unternehmer und Wirtschaftsexperten vor dem Verlust vieler Arbeitsplätze gewarnt. Das sei zwar ausgeblieben – aber die Kommission räumte ein, noch immer nicht genügend Kenntnisse über die Wirkung des Mindestlohns zu haben. Zudem hieß es: „In den Beratungen wurden einzelne Aspekte des Berichts kontrovers diskutiert.“

Auswirkungen auf Flüchtlingsintegration

Weit gingen auch die Reaktionen auseinander: Auf der einen Seite wurden noch höhere Personalkosten, mehr Bürokratie und schwindende Chancen für Langzeitarbeitslosen genannt. Auf der anderen Seite wurde der Beschluss als unzureichend bezeichnet. „Der Mindestlohn muss deutlich erhöht werden“, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Er müsse garantieren, dass Beschäftigte von ihrem Einkommen leben und für das Alter vorsorgen könnten. Verdi-Chef Frank Bsirske bedauert, dass der Mindestlohn in den nächsten zwei Jahren nicht die Neun-Euro-Marke erreichen wird. Damit bleibe er „deutlich hinter denen der westeuropäischen Nachbarländer zurück“.

Was Ökonomen zudem beschäftigt, sind mögliche Auswirkungen für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Ifo-Präsident Clemens Fuest hätte es in diesem Zusammenhang für angemessen gehalten, den Mindestlohn vorerst nicht zu erhöhen. DIW-Präsident Marcel Fratzscher glaubt zwar, dass die große Mehrheit der Unternehmen die Erhöhung des Mindestlohns verkraften könne, ohne viele Arbeitsplätze abbauen zu müssen. Sagt aber auch: „Viele der Flüchtlinge werden mit niedrigen Löhnen in den Arbeitsmarkt einsteigen.“

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