zu Weihnachten haben mir meine Nichten und mein Neffe einen Herzenswunsch erfüllt: Sie schenkten mir den „falschen Kalender“ vom Känguruh-Trilogie-Erfinder Marc-Uwe Kling. Jetzt habe ich für jeden Tag ein Zitat, das fälschlich einer mehr oder weniger unschuldigen Persönlichkeit in den Mund gelegt wurde. Ein Beispiel: „Sind sie zu stark, bist du zu schwach“ – Charles Darwin (12. Februar). Oder: „Ehrlich währt am längsten“ – Uli Hoeness (23. Juli). Gestern bei der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung habe ich also eifrig Zitate gesammelt; die Sätze sind so gefallen, die Urheber habe ich kreativ hinzugedichtet. Hier ist das Best-of meiner „falschen“ Bezirkspolitikerzitate:
„Wir sind alle bei klarem Verstand!“ – Ivanka Trump
„Was bei mir auf dem Tisch steht, ist Wasser, kein Wodka, obwohl es so aussieht“ – Wladimir Putin
„Wir als Politiker sind auch ein Stückchen Vorbild“ – Horst Seehofer
„Ich gehe als gutes Beispiel voran und bin damit beendet“ – Kim Jong-un
„Ich habe auf meinem Zettel stehen, ‚auf Ihre Rede eingehen‘; jetzt haben Sie mir nicht viel geliefert, auf das ich eingehen könnte“ – Gregor Gysi
Natürlich waren weder Gysi noch Trump, weder Seehofer noch Putin oder Kim Jong-un bei der gestrigen BVV anwesend (ich gebe zu, nur eine der Herrschaften zu erblicken, wäre schon eine große Überraschung gewesen). Sehr präsent war im Rathaus Zehlendorf allerdings ein anderer Gast: der Alkohol. Die Linken hatten einen Antrag mit dem schönen Titel „Bezirkspolitik ganz nüchtern betrachtet“ eingebracht, in dem gefordert wurde, den Ausschank alkoholischer Getränke im Foyer des Sitzungssaales erst nach Sitzungsende zu gestatten. Als Hans-Walter Krause (Linke) an das Rednerpult trat, um den Antrag zu begründen, machte es laut „plopp“ – Hans Jörg Henning (Grüne) hatte eine Bierflasche (war es alkoholfrei?) geöffnet, heftiges Gelächter im Saal. Wohl in der Folge dieses quasi-rhetorischen Tricks wurde der Antrag mit den Stimmen von CDU, Grünen, SPD und AfD abgelehnt. Die drei Linken-Bezirksverordneten stimmten dafür, die FDP-Fraktion enthielt sich. Die Zitate oben stammen aus der abendlichen Debatte. Es sprachen: Sabine Gollombeck (AfD), Rolf Breidenbach (FDP), Hans-Walter Krause (Linke), Peer Döhnert (AfD) und Lukas Uhde (Grüne).
Boris Buchholz ist freiberuflicher Journalist und Designer – von Kindesbeinen an lief er in Steglitz und Zehlendorf umher. Mehr über Boris Buchholz erfahren Sie auf seiner Website. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an boris.buchholz@extern.tagesspiegel.de.
„Nicht ein Bescheid war richtig, immer Ablehnung und Falschberechnung“, schreibt ein Kunde des Steglitz-Zehlendorfer Jobcenters auf Google. Eine andere: „Regelsätze werden zu wenig berechnet.“ Wieder andere sind zufrieden und loben die Jobcenter-Mitarbeiter. Dass es für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) nicht selten schwierig ist, die Bescheide zu verstehen und ihre Rechte durchzusetzen, erleben die Beraterinnen und Berater der Jobcenter-Tour des Berliner Arbeitslosenzentrums (BALZ) jeden Tag. Mit dem Beratungsbus parken die unabhängigen Experten direkt vor den Türen der Jobcenter, das Motto der Aktion lautet „Irren ist amtlich – Beratung kann helfen“. Im Schnitt werden in Steglitz-Zehlendorf an jedem Bus-Tag 33 Beratungs-Gespräche geführt. Wie formuliere ich einen Widerspruch? Welche Rechtsmittel habe ich? Wurde mir das zugebilligt, was mir zusteht? Viel zu oft finden die Fachleute handwerkliche Fehler in den Bescheiden. An den Bus kommen Frauen, Alleinerziehende, Zugezogene, Familien, aber auch Kulturschaffende, freiberufliche Architekten oder Designer; es geht um den Lebensunterhalt, um Wohnraum, um die Ansprüche von Kindern. Frank Steger, er leitet das BALZ, berichtet von guten Erfahrungen mit den Jobcentern: Es gäbe oft einen direkten Austausch mit den Leitungen der Jobcenter, Probleme könne man direkt und problemlos ansprechen (in den ersten Jahren des Projekts sei das anders gewesen). Am Montag und Dienstag, 23. und 24. April, steht der „Irren ist amtlich“-Bus zwischen 8 und 13 Uhr wieder vor dem Jobcenter Steglitz-Zehlendorf in der Birkbuschstraße 10.