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Eine Rose und eine Kerze wurden in der Unterführung zum Monbijoupark zum Gedenken an den getöteten Jungen abgelegt.

© dpa/Paul Zinken

Update

Lebenslange Freiheitstrafe: 13-Jähriger in Berliner Park erstochen – Mordurteil im zweiten Prozess

Die tödliche Messerattacke gegen einen 13-Jährigen im Monbijoupark ist in einem neu aufgelegten Prozess als Mord gewertet worden. Der Täter bekam lebenslang.

Wütend stand Gökhan Ü. auf, wetterte gegen das Gericht: „Ich kann es nicht akzeptieren.“ Da war er gerade des Mordes an Mohammed, 13 Jahre alt, schuldig gesprochen worden. Eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängte die 32. Große Strafkammer des Landgerichts am Dienstag gegen den 42-Jährigen.

Aus „rein egoistischen Motiven“ habe er nach gegenseitigen Beleidigungen ein Messer gezogen. Er rammte es Mohammed ins Herz. „Er wollte ihm eine Lektion erteilen und als Sieger vom Platz gehen“, urteilte das Gericht im neu aufgelegten Prozess. Auf Totschlag und zwölf Jahre Haft hatten die Richter im ersten Urteil entschieden.

Alles begann mit einem Beinahe-Rempler, einem belangloser Alltagsgeschehen. Mohammed, genannt Momo, war in der Halloween-Nacht 2020 in Mitte mit Freunden unterwegs. Im Tunnel zwischen James-Simon- und Monbijoupark, direkt unter der Stadtbahn, kamen ihnen Gökhan Ü. und eine Frau entgegen. Sie liefen Hand in Hand. Die Frau musste einen Schritt zur Seite machen, um nicht angerempelt zu werden. Diese banale Situation löste bei Gökhan Ü. eine Wut aus.

Er begann einen Streit. Der Teenager konterte. Ü. zog ein Messer. „Möglicherweise wollte er zuerst drohen“, hieß es weiter im Urteil. Doch Momo reagierte nicht wie erwartet. „Er wich nicht zurück, er griff aber auch nicht an“, sagte die Vorsitzende Richterin. Ü. habe das Verhalten des Jüngeren als respektlos empfunden. Es sei entscheidend gewesen: „Ein junger Mann wich nicht zurück und bot ihm Paroli.“

Es spielte möglicherweise auch eine Rolle, dass er mit einer Frau unterwegs war, das zweite Date hatte er mit ihr. Eine psychiatrische Gutachterin hatte Ü. als einen Mann beschrieben, der „Minderwertigkeitsgefühle durch klischeehafte Männlichkeit kompensiert“, der zu Impulsausbrüchen neige – „jemand, der schlecht Konflikte lösen kann“.

Der Täter stellte sich

Gökhan Ü., der jahrelang als Fleischer arbeitete, hatte sich zwei Tage nach dem tödlichen Streit bei der Polizei gestellt. Er befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Im ersten Prozess am Landgericht hatte er auf Freispruch wegen einer angeblichen Notwehrsituation gehofft.

Gewehrt habe er sich und „keinen bewussten Stich“ gesetzt, sagte er in der damaligen Verhandlung. In der Neuauflage hatte er erklärt, er habe aus „Angst und Panik“ das Messer gezogen, sei überfordert gewesen und bedauere die Tat sehr. „Ich hatte nicht die Absicht, jemanden zu verletzen“, so Ü.

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Der zehn Zentimeter tiefe Stich durchdrang das Herz. Mohammed verstarb noch am Tatort. Ein damals 22-jähriger Begleiter des palästinensischen Jungen habe Ü. festhalten wollen. Erneut setzte Ü. sein Messer ein. Ahmed S. wurde im linken Brustbereich schwer verletzt.

„Wir sind in das Land gekommen, um friedlich zu leben“

Das Vorliegen von niedrigen Beweggründen und damit eines Mordmerkmals hatten die Richter im ersten Prozess verneint, sie folgten damit dem Antrag der Anklage. Diese Entscheidung sei nicht ausreichend begründet, urteilte im März 2022 der Bundesgerichtshof auf Revision der Mutter als Nebenklägerin. Eine Neuverhandlung vor einer anderen Strafkammer wurde angeordnet.

Momos Eltern, Flüchtlinge aus Syrien, saßen auch beim zweiten Urteil auf der Bank der Nebenkläger. „Sie hatten ein Kind vor sich“, sagte der Vater in Richtung des Angeklagten. Und: „Wir sind in das Land gekommen, um friedlich zu leben.“ Unter Tränen sagte die Mutter: „Sie haben unsere ganze Familie ruiniert.“

Bei seiner damaligen Begleiterin hatte sich Ü. nach der Tat gerühmt: „Der kleine arabischen Hurensohn ist an den Falschen geraten, seine Mutter wird weinen.“ Im jetzigen Prozess hatte der Staatsanwalt auf Mord plädiert. Die Verteidigerin beantragte, die Revision zu verwerfen und bei der ersten Entscheidung zu bleiben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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