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Beamte der Kriminaltechnik sind im Bezirk Wilmersdorf in der Uhlandstraße an einer Postbankfiliale im Einsatz. Dort ist ein Geldtransporter überfallen worden.

© dpa/Christoph Soeder

Update

Nach Überfall auf Geldtransporter in Berlin: 29-Jähriger festgenommen, Anwaltskanzlei und Räume der JVA Tegel werden durchsucht

Nach dem Überfall auf einen Geldtransporter in Berlin-Wilmersdorf im Juni wurde ein Mann festgenommen. Zu drei weiteren Personen wird ermittelt.

Gut zwei Monate nach dem Überfall auf einen Geldtransporter in Berlin-Wilmersdorf mit vier Verletzten kommt Bewegung in die Ermittlungen. Ein 29-jähriger Mann ist am Mittwoch festgenommen worden. Zudem gilt ein Insasse der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel als Mitwisser des Überfalls. Räume in dem Gefängnis und die Kanzlei eines Berliner Rechtsanwalts wurden durchsucht, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch gemeinsam mitteilten.

Hintergrund sind demnach Ermittlungen wegen Strafvereitelung im Zusammenhang mit dem Überfall am 29. Juni. Im Verdacht stehen neben dem 46-Jährigen, der in Tegel eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt, und dem 29-Jährigen dessen Verlobte (24) sowie ein Rechtsanwalt. Pikant: Der beschuldigte Häftling soll aus der JVA heraus agiert und dafür seine Privilegien als Redaktionsmitglied der mehr als 50 Jahre alten Gefangenenzeitung „Lichtblick“ missbraucht haben.

Die eigentlichen Täter sind bislang nicht gefasst worden. Nach Angaben der Behörden hatten sie rund 266.000 Euro bei dem Überfall erbeutet. Die nun Beschuldigten sollen von den Tätern abgelenkt haben, indem sich der 29-Jährige als Nutzer des sichergestellten mutmaßlichen Fluchtfahrzeuges ausgab. Die auffällige Sportlimousine war eine Woche nach dem Überfall sichergestellt worden. Halter sollte eine Autovermietung in Berlin-Mitte sein.

Der Audi RS 6 Avant Performance hat einen 605 PS starken Motor, beschleunigt nach Herstellerangaben von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde in nur 3,7 Sekunden und kann auf eine Spitzengeschwindigkeit von bis 305 Stundenkilometer kommen.

Die Sicherstellung des auffälligen Wagens - laut Behörden sind in Berlin lediglich 20 solcher Modelle zugelassen - führte die Ermittler zu den mutmaßlichen Mitwissern des Überfalls. Im Fokus stehen dabei der Gefängnisinsasse und der 29-Jährige. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der 46-Jährige Kopf hinter der Autovermietung sei, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es handele sich um eine Scheinfirma. Der Jüngere soll als sein „Strohmann“ agiert haben.

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Im Zusammenhang mit dem Überfall soll der 29-Jährige auf Initiative des Älteren gemeinsam mit seiner Verlobten und dem Rechtsanwalt eine Legende entwickelt haben, die nach den Ermittlungen auch umgesetzt worden sein soll: Die Frau behauptete bei der Polizei, ihr Verlobter habe den Wagen zur Tatzeit des Überfalls genutzt.

Dieser meldete sich danach bei der Polizei als Nutzer des Autos und lenkte so den Verdacht auf sich. Bei den Ermittlungen konnte er als Beschuldigter eine Aussage verweigern. Der Anwalt meldete sich wie verabredet als sein Verteidiger. Bei der Durchsuchung seiner Kanzlei wurden laut Staatsanwaltschaft Ausweispapiere gefunden, die die Legende stützen sollten.

46-Jähriger wurde in andere JVA verlegt

Für die Planung dieser Geschichte soll der Häftling das Telefon der Redaktionsräume des „Lichtblicks“ und ein eigenes Handy genutzt haben. Dies hatte nach Angaben der Senatsjustizverwaltung unmittelbare Konsequenzen: Der Beschuldigte sei in eine andere JVA verlegt worden, erklärte ein Sprecher der Justizverwaltung auf Anfrage. Derzei sitzen rund 700 Straftäter in Tegel ein.

Auch auf die Redaktion der Gefangenenzeitung habe der Fall Auswirkungen: Ein Internetzugang, über den die Redaktion seit geraumer Zeit verfügt habe, sei ausgesetzt worden. „Dis gilt so lange, bis wir wissen, ob sich der Verdacht bestätigt“, erklärte der Sprecher. Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) bedauere dies. „Aber wir mussten auf den Verdacht reagieren“, sagte der Sprecher. (dpa)

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