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Berlin: „Alle wollten große Geschäfte machen“

An einem lukrativenPachtvertrag solldie SPD zu gut verdient haben:Die Parteiweist den Verdacht zurück

Die CDU bleibt dabei. Die Verpachtung eines Grundstücks neben der SPDLandeszentrale in Wedding sei eine „verdeckte Parteienfinanzierung“, sagte der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann gestern. Es geht um einen Pachtvertrag, den die SPD-eigene Grundstücksgesellschaft Wedding (GGW) 1991 mit der Genossenschaft für Wohnungs- und Bauwesen abschloss: 71 000 Euro jährlich über 50 Jahre und eine Einmalzahlung von 90 000 Euro. Das entsprach einem Zinssatz von 16 Prozent. Die GGW wollte mit dem Geld die Parteizentrale in der Müllerstraße sanieren. Der SPD-Landesverband war knapp bei Kasse. Inzwischen prüft nach einem Bericht der RBB-Abendschau die Staatsanwaltschaft das Grundstücksgeschäft.

„Damals boomte das Immobiliengeschäft; Mieten und Pachtzinsen schossen in die Höhe“, begründete ein ehemaliges Mitglied der Baugenossenschaft den lukrativen Pachtvertrag. „Alle wollten große Geschäfte machen.“ Das unbebaute Grundstück sei für die SPD über viele Jahre ein „ziemlich teurer Parkplatz“ gewesen, erinnert der damalige Parteichef Walter Momper. Deshalb habe man es zu einem „für damalige Verhältnisse angemessenen Zins“ vermarktet. Den Vorwurf der CDU wies Momper als „absurd“ zurück. Auch die landeseigene Pfandbriefbank, die den Kredit für die Bebauung des Grundstücks gab, habe den Pachtzins offenbar als marktüblich akzeptiert, teilte die GGW gestern mit.

Auf dem Grundstück errichtete die Baugenossenschaft ein Bürohaus, das an Schering vermietet werden sollte. Das Geschäft platzte, die Mieteinnahmen blieben aus und 1994 ordnete das Amtsgericht Wedding die Zwangsvollstreckung an. Als Nachfolgerin der Pfandbriefbank ersteigerte die Berlin Hyp das Erbbaurecht und zahlte seitdem die Pacht an die GGW. Ab 1999 nur noch den halben Betrag. Bei dieser Kürzung konnte sich die Bank auf eine Klausel stützen, „dass der Erbbauzins alle fünf Jahre den wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen“ sei.

Zwischen GGW und Berlin Hyp laufen noch Verhandlungen über einen außergerichtlichen Vergleich. Auf den Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung reagierte die GGW gestern mit dem Hinweis, dass die Pachteinnahmen nur ihr selbst zugute kämen. An die Gesellschafter (Bundes- und Landes-SPD) seien seit 1991 keine Auszahlungen erfolgt. Alle Betriebs- und Steuerprüfungen seien unbeanstandet abgeschlossen worden.

Das vertrackte Pachtgeschäft, das schon 1994 durch die Presse ging, war eine politische Angelegenheit. Aufsichtsratschef der Baugenossenschaft, die in den sechziger Jahren gegründet wurde und 1995 pleite ging, war das frühere SPD-Mitglied Hans Noetzel; eine schillernde Gestalt der West-BerlinerBaubranche. Vize-Aufsichtsratschef war der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt, auch der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Horst Achim Kern gehörte zur Genossenschaft. Der ehemalige SPD-Landesschatzmeister Klaus Uwe Benneter begleitete die Verhandlungen als Rechtsanwalt der GGW. Und Vorstandssprecher der Pfandbriefbank war der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky. za

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