Berlin: Amoklauf: Sieben Jahre Haft gefordert
17-jähriger Messerstecher erwartet Urteil am Freitag
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Der Amokläufer vom Hauptbahnhof soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft sieben Jahre und sechs Monate in Haft. Doch nach knapp einmonatigem Prozess ließ die Anklage ihren ursprünglichen Vorwurf des versuchten Mordes fallen. Der 17-jährige Frank P. (Name geändert) sei des versuchten Totschlags in 33 Fällen schuldig zu sprechen. Der Verteidiger plädierte auf eine Jugendstrafe von maximal sechs Jahren. Das Urteil soll am Freitag verkündet werden.
Frank P. habe sich in seinem Schlusswort bei allen Opfern entschuldigt, sagte sein Anwalt am Rande des nicht öffentlichen Prozesses. Im Verfahren hatte sich der Jugendliche aus Neukölln auf fehlende Erinnerung aufgrund alkoholischer Beeinflussung berufen. Im Alkohol liegt nach einem psychiatrischen Gutachten die Ursache für den Amoklauf. Das Motiv aber sei weiterhin unklar. Nach dem Gutachten liege aufgrund von 2,2 Promille Alkohol im Blut eine verminderte Schuldfähigkeit vor.
Am 26. Mai vorigen Jahres hatte der damals 16-jährige Schüler kurz nach der Eröffnungsfeier des neuen Hauptbahnhofs, zu der mehr als 500 000 Besucher aufs Areal am Spreebogen gekommen, mit einem Klappmesser wahllos auf Passanten eingestochen. 25 Minuten lang, auf einer etwa einen Kilometer langen Strecke.
Mehr als 30 Menschen erlitten Schnitt- oder Stichverletzungen. Für acht Opfer bestand Lebensgefahr. Zusätzliche Brisanz erhielt der Amoklauf, als einen Tag später bekannt wurde, dass eines der Opfer an der Immunschwäche Aids leidet. Nach dem Angriff auf den erkrankten Mann soll P. noch auf mindestens 15 weitere Menschen eingestochen haben. Monatelang lebten sie in Angst, ebenfalls mit dem HI-Virus infiziert zu sein. Im Prozess hatten die Opfer über jene Nacht berichtet, von ihren Verletzungen, von den psychischen Folgen. Einige der Verletzten sind bis heute arbeitsunfähig.
Übereinstimmend gehen Staatsanwalt und Verteidiger von Totschlagsversuchen aus. Zunächst war die Anklage vom Mordmerkmal der Heimtücke ausgegangen. Doch man habe nicht feststellen können, dass Frank P. bewusst die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer ausnutzte, hieß es. Unterschiedlich wird die Frage nach Strafmilderung aufgrund der Trunkenheit des Amokläufers gesehen. Der Ankläger habe sich dagegen ausgesprochen, sagte ein Prozessbeteiligter. Weil Frank P. hätte wissen müssen, dass er unter Alkohol zu Aggressionen neige. K.G.
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