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Berlin: An einem Tisch

Besitzer und Besetzer der Brunnenstraße 183 reden nach jahrelangem Streit erstmals miteinander

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Das Haus ist ein Symbol. Seit Jahren wird um die Zukunft der Brunnenstraße 183 in Wedding gestritten, die Fronten sind ebenso verworren wie verhärtet: Besitzer gegen Besetzer, Mieter gegen Immobilienhai, so hat man sich gegenseitig beschimpft. Jetzt scheint sich das zu ändern. Am Donnerstag gab es ein erstes Treffen zwischen den Bewohnern der Brunnenstraße 183 und dem Besitzer der Immobilie, Manfred Kronawitter. Zum ersten Mal waren die beiden Parteien nun am „Runden Tisch“ im Bezirksamt Mitte vereint.

Die Fronten zeigten sich schon im Auftreten: Die Bewohner brachten Freunde und Sympathisanten mit Plakaten mit, Besitzer Kronawitter begab sich nach seiner Ankunft schnell ins Gebäude. Bisher haben die beiden Parteien lediglich über Anwälte kommuniziert. Der Besitzer wünscht sich seine Immobilie im Idealfall ohne Bewohner und die Bewohner sich ihr Haus ohne fremden Besitzer.

Das Hauptprojekt, in dem 30 Menschen jeden Alters zusammenleben, besteht seit Mitte der 90er Jahre. „Die früheren Besitzer haben sich um nichts gekümmert, so dass wir das übernehmen mussten. Wir haben aber immer Mieten gezahlt, in den letzten Jahren auf ein Notkonto und auch Herrn Kronawitter angeboten, es an ihn zu überweisen. Wir sind Mieter, nicht Besetzer“, meint einer der Bewohner. Michael, der seit acht Jahren im „Brunnen 183“ wohnt, sagt, die Bewohner würden Kronawitter gerne das Haus abkaufen. „Wir wünschen uns nach Jahren der Unsicherheit endlich Planungssicherheit“, meint ein Mitarbeiter des im Hause untergebrachten „Umsonstladens“. Dort kann jeder gebrauchsbereite Dinge hinbringen, die sich andere kostenlos mitnehmen können. Kronawitters Meinung ist klar: Den „Umsonstladen“ könne er als Privatperson nicht tragen.

Nach drei Stunden am „runden Tisch“ einigt man sich darauf, in den nächsten Wochen in einem Mediationsverfahren mit der Senatsverwaltung und dem Bezirk als Mittler eine Lösung zu finden. Der Bezirksverordnete Frank Bertermann ist mit dem Ergebnis zufrieden. „Eine Lösung findet man nie beim ersten Treffen. Es war ein erster Schritt, mehr war nicht zu erwarten.“ Er hoffe, dass beide Seiten weiter an Gesprächen teilnehmen.

Bewohner Michael ist froh über das Vermittlungsverfahren. Er zeigt Verständnis für die Situation des Besitzers: „Herr Kronawitter möchte natürlich, dass sein Projekt des generationenübergreifenden Wohnens gleichberechtigt neben unserem Projekt steht. Eine Idee war, dass uns oder ihm von der Stadt ein Ersatzobjekt gestellt wird.“ Dies habe die Senatsverwaltung abgelehnt. Kronawitter bot den Bewohnern bevorzugte Mietverträge nach der Sanierung an. Die Bewohner fürchten aber, dass eine teure Sanierung die Mieten zu stark erhöht und möchten das lieber in Eigenleistung machen, wie ein Mitarbeiter des „Umsonstladens“ meint. Einen Verkauf an die Bewohner lehnte Kronawitter zum jetzigen Zeitpunkt ab. „Einen Pachtvertrag oder Ähnliches hat er aber für die Zukunft nicht ausgeschlossen“, berichtet erleichtert ein Bewohner. Kronawitter hofft auf eine zügige Lösung. Er sei sonst zum Rechtsweg gezwungen, um den weiteren Verfall der Bausubstanz zu verhindern.

Meike Patzig

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