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Berlin: Ansporn zum Frieden

Wer dachte, der evangelische Bischof Wolfgang Huber würde in der Sonntagspredigt im Berliner Dom von der Kanzel aus Interna ausbreiten, hat sich geirrt. Kein Wort sagt der Oberhirte der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche zur Auseinandersetzung mit dem Cottbuser Generalsuperintendenten Rolf Wischnath, der sich von seiner Kirche zu Unrecht verdächtigt fühlt, für die Stasi gearbeitet zu haben.

Wer dachte, der evangelische Bischof Wolfgang Huber würde in der Sonntagspredigt im Berliner Dom von der Kanzel aus Interna ausbreiten, hat sich geirrt. Kein Wort sagt der Oberhirte der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche zur Auseinandersetzung mit dem Cottbuser Generalsuperintendenten Rolf Wischnath, der sich von seiner Kirche zu Unrecht verdächtigt fühlt, für die Stasi gearbeitet zu haben.

Stattdessen spricht Huber ein anderes Thema an, das ihm viel mehr auf der Seele brennt: Die Sorgen um den Frieden in der Welt, die am Vorabend Tausende zum Friedensgebet in den Dom getrieben hatte. Doch auch das ist offenbar nicht allen recht. Huber vertrete angesichts der Beteiligung seiner Kirche an der Schwangerenkonfliktberatung einen „falschen Frieden“, brüllt ein Gottesdienstbesucher in die Predigt hinein. Er wird von den Domwärtern aus der Kirche gedrängt, als er Huber einen „Sohn des Teufels“ nennt. Wenig später erhebt sich abermals ein Mann, wiederholt die Anklage fast wörtlich und wird ebenfalls des Doms verwiesen.

Huber predigt zunächst standfest gegen die Zwischenrufer an, dann bricht er ab und lässt seine Predigt als Fragment stehen. Doch was er bis dahin gesagt hat, ist deutlich genug. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matthäus 20, 1-16) ist die Basis, auf der er argumentiert. Ein Gutsherr braucht Leute, die bei der Weinlese helfen. Er heuert bis zum Abend an und bezahlt alle mit einem Dinar – egal, ob sie zwölf oder nur eine Stunde gearbeitet haben. „Die Ersten werden die Letzten sein“ – das ist die prägnante Zusammenfassung dieser Geschichte, mit der Christus erklären wolle, dass im Himmelreich eine andere Logik gilt. Irdische Gerechtigkeit mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit sei relativ und unvollkommen, sagt Huber. Im Himmelreich herrsche ein anderer Wertekodex, der nicht nach Leistung frage.

Was das mit einem Irak-Krieg zu tun hat? Auch auf der Erde, sagt Huber, ist es Aufgabe der Menschen, ein Stück von dieser himmlischen Gerechtigkeit zu leben. Und jenen eine Chance zu gaben, die sich nicht in Leistung messen lassen: Alte, Behinderte, Kinder. Sie alle, predigt er weiter, haben ihren unbedingten Wert – der Gewalt unmöglich macht, Krieg erst recht. Auch das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg sei Aufruf und Ansporn zur „weltweiten Manifestation für die Würde aller Menschen“. Huber sagt noch, dass auch Jesus kein Patentrezept für die Beilegung der Konflikte biete. Dann findet die Predigt ihr unfreiwilliges Ende.

Jörg-Peter Rau

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