Berlin: Antisemitische Äußerungen an Polizeischule
Schüler lehnten Lektion über Holocaust ab
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Ein antisemitischer Vorfall an der Polizeischule in Ruhleben hat die Polizeiführung alarmiert. „Wir werden nichts verniedlichen und den Vorgang restlos klären“, sagte gestern Abend Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch . Die Nachforschungen betreffen Äußerungen von Polizeischülern, die bereits Ende Februar in einer Unterrichtsstunde über den Holocaust gefallen sein sollen. Nach der gestrigen Darstellung eines Polizeisprechers hatten „einzelne Schüler“ im Beisein des mehr als 80-jährigen Dozenten und Holocaust-Überlebenden Isaak Behar erklärt, sie hätten schon genug über die Judenverfolgungen der Nazis gehört, das müsse nicht schon wieder sein. Außerdem sei geäußert worden, Juden seien reiche Leute.
Die Aufklärung über den Holocaust sowie Gespräche über Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind an der Polizeischule ein fester Bestandteil des Unterrichts. Dazu werden Gastdozenten eingeladen wie Isaak Behar, der schon seit vielen Jahren auch an anderen Institutionen seine Erfahrungen an junge Leute weitergibt. Er hat als einziger seiner Familie den Holocaust überlebt. Er selbst war in der Nazizeit untergetaucht und schildert diese Erlebnisse in seinem Buch „Versprich mir, dass Du am Leben bleibst.“
Isaak Behar war gestern Abend nicht zu erreichen. Polizeipräsident Glietsch hat sich am Montag von ihm und den Ausbildungsleitern die Vorgänge schildern lassen. Bei den Äußerungen handele es sich um „nicht tolerierbare Fehleinschätzungen“ einzelner Schüler, erklärte er danach. Dienstrechtliche Konsequenzen und pädagogisch angemessene Reaktionen würden geprüft.
In der vergangenen Woche war die Polizei in Hessen in die Schlagzeilen geraten, weil sie dem Publizisten und früheren Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden, Michel Friedman, offenbar rechtsradikale Leibwächter zur Seite gestellt hatte. Wie berichtet, leitete Innenminister Volker Bouffier inzwischen straf- und dienstrechtliche Maßnahmen ein. CS
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