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Lichtenberg: Auch Muslime feiern Weihnachten mit den Kopten

Normalerweise feiern sie ihr Weihnachtsfest die ganze Nacht hindurch, doch nach dem Anschlag im ägyptischen Alexandria ist den Berliner Kopten nicht zum Feiern zumute. Zur Abendliturgie in Lichtenberg gab es zahlreiche Solidaritätsbesuche.

Es ist der Höhepunkt des Kirchenjahres für die koptisch-orthodoxe Gemeinde am Lichtenberger Roedeliusplatz. Am Donnerstagabend versammelten sich aber nur 70 Mitglieder der hundert Familien in einem Seitenflügel der Sankt-Antonius- und Sankt-Shenouda-Kirche und feierten eine verkürzte Weihnachtsliturgie – wegen des Anschlags im ägyptischen Alexandria vor einer Woche, bei dem über 20 koptische Christen getötet worden waren. Der Gottesdienst begann um 19 Uhr und endete bereits kurz nach 21 Uhr. Das traditionelle gemeinsame Essen im Anschluss fiel aus.

„Die Menschen trauern. Es ist uns nicht zum Feiern zumute“, sagte Pater Guirgis El Moharaki. Er ist der Seelsorger der Berliner Gemeinde. Der 51-jährige Mönch stammt aus Ägypten. Es seien leidvolle Tage, sagte er, ein Mann aus der Gemeinde habe drei Angehörige bei dem Anschlag verloren. Deshalb wolle man Weihnachten im ganz kleinen Kreis begehen. Pater El Moharaki dankte dann aber doch den zahlreich erschienenen Gästen für ihre Solidaritätsbekundungen. Um ihre Verbundenheit mit den koptischen Christen zu demonstrieren, kamen Vertreter der katholischen Kirche und Politiker wie der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir, CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sowie Gesine Lötzsch, Vorsitzenden der Linken im Bundestag. Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der Integrationsbeauftragte Günter Piening und Muslime, die sich im Berliner Islamforum engagieren, verfolgten die Weihnachtsliturgie.

Der ägyptische Botschafter wurde spät am Abend erwartet, zu einem Beisammensein in kleiner Runde. „In tiefer Trauer – möge Allah uns die Kraft geben, den Frieden zu festigen“, schrieb Ender Cetin vom muslimischen Dachverband Ditib ins Kondolenzbuch. „Gerade weil die Attentäter ihren Mordanschlag religiös verbrämen wollten, ist es wichtig, zusammenzustehen“, sagte Piening. Berlin sei eine Stadt, in der alle Religionen ohne Angst zu Hause sein könnten. „Die Täter müssen wissen, dass sie kein Verständnis bekommen – nirgends.“ Am Sonntag um 13 Uhr veranstaltet die Gemeinde noch eine Trauerfeier, zu der Pater El Moharaki einlädt, kommen will unter anderem der evangelische Bischof Markus Dröge.

Angst vor Anschlägen habe er keine, sagte Pater El Moharaki vor dem abendlichen Gottesdienst. Die Polizei sicherte die Kirche. Das Misstrauen des Seelsorgers gegenüber Muslimen scheint dennoch gewachsen zu sein. Er fürchtete, dass sich unter die Muslime, die ihren Besuch zum Weihnachtsgottesdienst angekündigt hatten, um ihre Verbundenheit mit den Christen zu zeigen, womöglich auch solche mischen könnten, „deren Herzen in Flammen stehen“. „So etwas können wir nicht gebrauchen“, sagte der Pater, „schon gar nicht am Weihnachtsfest, wenn wir die Geburt Jesu feiern, die Geburt des Friedensstifters“.

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