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Berlin: Auf der Sonnenseite

Bernd Matthies gratuliert Rolf Eden, der heute seinen 75. Geburtstag feiert

Ach, das Leben muss schön sein, wenn man einen Dauerplatz auf der Sonnenseite gebucht hat. Rolf Eden, der erste, einzige und vermutlich letzte Berliner Playboy, lebt dort schon gut ein halbes Jahrhundert – und heute, an seinem 75.Geburtstag, ist immer noch kein Schatten in Sicht. Gut, den Kampf um Brigitte Bardot damals in St.Tropez hat er gegen Gunter Sachs verloren, aber ob der es in seinem Leben auf insgesamt 3000 Frauen gebracht hat? Oder, äh, waren es 5000? Hießen sowieso alle „Schnuppi“, da geht der Überblick leicht verloren.

Das Dumme bei solchen Zahlenangaben ist, dass die Öffentlichkeit sich dabei ganz auf die Angaben des Betroffenen verlassen muss. Als leidlich verbrieft darf immerhin gelten, dass er von sieben Frauen sieben Kinder hat, die jetzt zwischen 8 und knapp 40 Jahren alt sind, dass er monatlich 8000 Euro Alimente zahlt und dass ihm keine der Frauen deshalb böse ist – die Geschäftsgrundlage, bloß keine Ehe, war ja von vornherein klar.

Und überhaupt: Was wollen die Leute eigentlich alle? Man hat ihn „Sexprotz“ genannt und „ironie-resistenten Lebemann“, hat ihm – du liebe Güte! – sogar die Einnahme von Viagra unterstellt, was ja nun wirklich an Ehrverletzung grenzt. Die besten Sprüche stammen ohnehin von ihm selbst, da kommt kein Neider ran: „Feministinnen? Wenn ich mit denen fertig bin, sind sie nur noch feminin.“ Dass er mit 72 mal nach allzu wildem Sex ohnmächtig wurde, Gott ja, da können andere, jüngere Frauenhelden doch nur von träumen, nicht wahr?

Das Seltsame an Rolf Eden ist, dass seine Selbstdarstellung als penetranter Hauptstadt-Faun nie den kleinsten Riss gezeigt hat. Er hat es vom unbekannten Jazzmusiker zum Multimillionär gebracht, und einst hieß es scherzhaft, die eine Seite des Ku’damms gehöre Atze Brauner, die andere Seite ihm. Das mag übertrieben gewesen sein, aber von nix kommt ja nix, und es muss also hinter den weißen Versace-Anzügen und der multipel gelifteten Stirn etwas stecken, was der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, ein ausgeprägter Geschäftssinn beispielsweise.

In den Sechzigern hat er die Diskothek für Berlin praktisch erfunden, das „Big Eden“ stand für ein ganzes Abtanz- und Abschlepp-Genre, Geld und alkoholische Getränke flossen unter seiner Aufsicht in Strömen durch die Wirtschaftswunderzeit, und als einer gesucht wurde, der Hugh Hefners Puschelhäschen in Berlin Möhren und Käfig bieten würde, da war er natürlich erste Wahl. Das hat sich jetzt alles ein bisschen gelegt, das Big Eden ist verkauft, die neuen Clubs sind nicht mehr so ganz sein Ding, und die Sitten haben sich geändert: Die Mädels, sagt er, bringen die Utensilien zum Fesseln und so immer gleich im Handkoffer mit. Ist schon seltsam.

Man wird sagen müssen: Rolf Eden ist einzig. So einzig, dass, sollte er eines Tages aus dem Leben scheiden, vermutlich damit auch das Ende West-Berlins besiegelt ist – keiner mehr da, der es noch verkörpern könnte. Bis dahin wird er, vorzugsweise in Gesellschaft 18-Jähriger, noch Hunderten von Partys beiwohnen, und das Fernsehen wird ihm den Wunsch erfüllen, ihn in irgendein Reality-Format zu stecken, wo er seine legendären Fähigkeiten live vorführen kann. „Darf ich Sie auf etwas aufmerksam machen?“, wird er dann im Dschungel oder auf der Rüpel-Burg die erstbeste Dame fragen, sie wird „Worauf denn?“ antworten, und er sagt dann, herzlich lächelnd: „Auf mich!“

Am Ende wartet auf jeden Fall ein Glücksmoment. Jene Gespielin, der er beim finalen Sex unter den Händen wegstirbt, erbt eine sechsstellige Summe, und das müsste ja irgendwann klappen. Doch der 75. ist nun wirklich noch kein Grund, sich mit diesem Gedanken allzu vertraut zu machen, nicht wahr?

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