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Berlin: Außer Kontrolle

Kein Personal, keine Videoüberwachung – die Aufsicht der BVG

Situationen wie an der Bismarckstraße gibt es in Berlin immer wieder: Alkoholisierte oder unter Drogeneinfluss stehende Menschen, die auf U-Bahnhöfen andere Fahrgäste belästigen oder sich selbst gefährden, Depressive, die ersichtlich hilflos über den Bahnsteig irren. Das Rezept dagegen könnte sein: Mitarbeiter, die auf den Bahnhöfen präsent sind und schnell eingreifen.

Die BVG hat aber, anders als die S-Bahn, schon vor Jahren das Stammpersonal von den Bahnhöfen abgezogen. Eine flächendeckende Videoüberwachung als Ersatz gibt es auch nicht, von den Kameras werden meist nur die Notrufsäulen erfasst. Der Sparzwang, der einst zum Abzug des Personals führte, könnte jetzt aber wieder Mitarbeiter auf die Bahnsteige zurückbringen.

Die BVG will die Zahl der Mitarbeiter in der Verwaltung von derzeit etwa 1400 auf zunächst 600 reduzieren. Weil dies nicht allein über die natürliche Fluktuation und das freiwillige Ausscheiden nach einer Abfindung möglich sein wird, will BVG-Chef Andreas Graf von Arnim einen Teil der jetzigen Beschäftigten aus der Verwaltung in Zukunft auch auf den Bahnhöfen einsetzen. Dort sollen sie unter anderem Fahrgäste befragen, um deren Wünsche zu erfahren, so dass der Verkehrsbetrieb darauf reagieren kann. Aber sie sollen auch Fragen beantworten und eben helfen, wenn es angebracht ist. Derzeit ist häufig kein Mitarbeiter da, der routinemäßig eingreifen könnte, wenn ein Fahrgast zu nahe am Bahnsteig steht und sich dadurch gefährdet. Die BVG empfiehlt, sich hinter den Blindenleitstreifen zu stellen. Damit sind aber noch nicht alle Stationen ausgestattet.

Bei der S-Bahn kann die Aufsicht intervenieren und die Fahrgäste auffordern, zur Sicherheit ein paar Schritte zurückzutreten. Als ideal gilt aber auch dieses System nicht. „Mitarbeiter müssen auf den Bahnsteig und dürfen sich nicht in irgendwelchen Häuschen verstecken“, sagt Hans Leister, Geschäftsführer des privaten Bahnkonkurrenten Connex. Connex will, wie berichtet, den Verkehr der S-Bahn auf der Ringbahn übernehmen. Zum Angebot gehört auch ein neues Servicekonzept, das Mitarbeiter jedoch auch nur in den Zügen vorsieht.

SPDund PDS haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, alle Berliner Bahnhöfe mit Personal zu besetzen. Zusätzliches Geld dafür gibt es aber nicht. So müssen die Verkehrsbetriebe eigene, kostenneutrale Lösungen finden. Versuche, so genannte Bahnhofsmanager einzusetzen, die sich um mehrere Stationen kümmern, waren bei der BVG gescheitert. Aufpassen und eingreifen könnten auch die Fahrscheinkontrolleure, argumentiert die BVG.

Die eigenen Mitarbeiter sind in Dienstkleidung unterwegs, um den Fahrgästen so auch Präsenz zu zeigen. Umgekehrt erwischen sie dadurch in der Regel weniger Schwarzfahrer als die privaten Kontrolleure, die Zivil tragen. Umstritten ist, wann Mitarbeiter eingreifen sollen. Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt. Mitarbeiter würden entsprechend geschult. Dass ein Mitarbeiter, der sich zufällig in einem Bahnhof aufhält, in einer besonderen Situation zunächst die Leitstelle informiert, bevor er alleine direkt eingreift, sei vom Prinzip her richtig.

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