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Berlin: Bärbel Grygier: Keine treue Parteisoldatin

So ändern sich die Zeiten: Noch vor drei Jahren hat die SPD versucht, die Hohenschönhausener Bürgermeisterin Bärbel Grygier (parteilos für PDS) zu stürzen. Ein Abwahlantrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) scheiterte damals nur knapp.

So ändern sich die Zeiten: Noch vor drei Jahren hat die SPD versucht, die Hohenschönhausener Bürgermeisterin Bärbel Grygier (parteilos für PDS) zu stürzen. Ein Abwahlantrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) scheiterte damals nur knapp. Jetzt ist die promovierte Psychologin Favoritin für das Amt der Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg - mit Unterstützung der SPD.

Denn nachdem der Friedrichshainer Kulturstadtrat Dieter Hildebrandt, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch läuft, seine Bewerbung zurückgezogen hatte, brauchte die PDS - und die mit ihr in einer Zählgemeinschaft verbundenen Sozialdemokraten und Bündnisgrünen - dringend einen neuen Kandidaten. Die 45-Jährige, seit 1996 Bürgermeisterin und nicht gerade als treue Parteisoldatin verschrien, gilt als aussichtsreichste Bewerberin. Am Freitag entscheidet die PDS-Basis, wen sie der konstituierenden BVV am 18. Oktober präsentiert.

Bärbel Grygier wolle keine Stellungnahme abgeben, hieß es gestern. Bei den Sozialisten ist sie nicht unumstritten. Ältere Genossen zeigen Vorbehalte gegenüber der als quirlig bekannten Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt und sich nicht in konventionelle Schemata pressen lässt. Drei Mal verfehlte sie im Dezember 1995 die Wahl zur Bürgermeisterin. Vier PDSler stimmten gegen sie. Denn einige Tage zuvor hatte sie sich despektierlich in einer Fernsehsendung über Bezirksamtskollegen geäußert. Unter anderem gab Grygier vor laufender Kamera zu Protokoll, dass SPD-Stadtrat Matthias Stawinoga "keinen Arsch in der Hose" habe.

Grygier hatte ursprünglich beabsichtigt, auch Bürgermeisterin von Lichtenberg-Hohenschönhausen zu werden, unterlag jedoch ihrem Lichtenberger Amtskollegen Wolfram Friedersdorff (PDS). Man trug ihr stattdessen das Amt der Gesundheitsstadträtin an - das Ressort, für das sie auch jetzt zuständig ist. Die Kandidatur für dieses Amt hat Grygier bislang nicht zurückgezogen.

Als Bürgermeisterin Friedrichshain-Kreuzbergs suchte die PDS sie schon im Sommer zu gewinnen. Doch Grygier lehnte ab. Jetzt folgt die Politikerin dem Hilferuf der Partei. Der Brückenschlag des mit sozialen Problemen belasteten Ost-West-Bezirks links und rechts der Spree dürfte der gebürtigen Friedrichshainerin zumindest persönlich nicht schwer fallen: Bärbel Grygier wohnt seit drei Jahren in Kreuzberg und ist privat mit einem Wessi, dem bündnisgrünen Steglitzer Finanzstadtrat Udo Bensel, liiert.

kört

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