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Berlin: Bäume im Stelenfeld: Grünes Leben und grauer Beton Architekt Peter Eisenman gab genau an, wo auf dem Gelände gepflanzt werden soll

Bäume im Stelenfeld: Grünes Leben und grauer Beton Architekt Peter Eisenman gab genau an, wo auf dem Gelände gepflanzt werden soll

Man kann die Süße der Linden, das ätherische Aroma der Kiefern schon atmen. Werden sich hier Kinder nach gelben Herbstblättern bücken? Schwüre in die Rinde ritzen? Frank Voigt findet keine Antworten. Dabei ist der Bauleiter der Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaufirma Reinhold Fehmer in diesen Tagen häufiger in sich gegangen, hat nachgedacht, sinniert. „Am Anfang war es sehr bedrückend, aber jetzt verstehe ich besser. Man bekommt ein Gefühl dafür, je länger man sich hier aufhält.“

Frank Voigt hat die Baumpflanzungen am Denkmal für die ermordeten Juden Europas koordiniert. Er hat bis kurz vor Eröffnung der Gedenkstätte ständig kontrolliert, ob die Bäume angewachsen sind und den Winter unbeschadet überstanden haben.

Drei Wochen lang war das 19 000 Quadratmeter große Stelenfeld im Dezember 2004 Arbeitsplatz für Voigt und sechs Kollegen. Mit einem Autodrehkran hievten die Landschaftsbauer insgesamt 41 Bäume zwischen die 2711 Betonstelen an der zur Ebertstraße gewandten Westseite des Geländes. Grünes Leben in dem grauen Beton. „Sie sollen wie in das Mahnmal reichende Ausläufer des Tiergartens wirken“, erklärt Bauleiter Frank Voigt.

Wie viele Bäume, welche Arten und wohin genau sie zu pflanzen waren, bestimmte Architekt Peter Eisenman selbst. Er entschied sich für elf Geweihbäume, acht Aralien, sieben Schwarzkiefern, sieben Linden, fünf Maiglöckchenbäume und drei Felsenbirnen – Bäume aus seiner nordamerikanischen Heimat und nicht aus der Heimat der Täter. Einige Gehölze tragen im Verlauf des Jahres unscheinbare beigefarbene und weiße Blüten. „Keine Highlights, keine Farbenkracher“, sagt Frank Voigt.

Einen tieferen Sinn in der Zahl der Bäume wie in der der Stelen sucht man vergebens. Eisenman betont, dass die Zahl „absolut keine Symbolik“ habe. Er schreibt den Besuchern keine Interpretation vor. Das Mahnmal ist offen in jeder Beziehung. Es fordert heraus.

Mitte Dezember wurden die Bäume gesetzt. „Relativ spät“, sagt Frank Voigt. Weil sich der Winter aber milde anließ, konnten die Grünarbeiten problemlos vonstatten gehen. Die größtenteils auf dem nordamerikanischen Kontinent heimischen Sorten vertragen das hiesige Klima gut. Die Bäume sind ohnehin in deutschen Baumschulen gewachsen, bei Bruns in Bad Zwischenahn (Niedersachsen) und bei Lorberg in Tremmen (Brandenburg).

Das geläufige „Aufgraben, Setzen, Zuschütten, Angießen“ genügte den Ansprüchen der Gehölze und vor allem des Standortes nicht. Weil der Boden durch die Bauarbeiten ausgiebig bewegt und anschließend das gesamte Areal gepflastert wurde, sind 3,40 mal 2,15 Meter große und etwa 90 Zentimeter tiefe Pflanztröge ins Erdreich eingelassen. Die Landschaftsbauer haben sie mit einer speziellen Mischung befüllt. „Guter durchlässiger, sandiger Boden mit Bestandteilen, die das Wasser halten“, sagt Frank Voigt. Dünger, ausreichend für ein Jahr, wurde dem Mix beigefügt. In Jutesäcke verpackter Blähton schützt die Wurzelansätze vor Frost.

Auch gegen Sommerhitze sind die Bäume bestens gefeit. Mit der Gießkanne muss niemand losziehen: Die nötige Feuchtigkeit liefert eine unterirdisch installierte Bewässerungsanlage.

Für die nächsten zweieinhalb Jahre hat Fehmer die Pflege der Bäume übernommen. Die 1962 in Spandau gegründete und seit 2003 in Falkensee ansässige Firma kümmert sich auch um den Ehrenhof des Schlosses Bellevue.

Weitere Pfleglinge sind die Grünanlagen des Bundeskanzleramtes: Allein die Fehmer-Mitarbeiter kennen den Duft der blühenden Felsenbirnen, die auf den 14 bis zu 16 Meter hohen Säulen vor und hinter dem Kanzleramt wachsen.

Nadine Fabian

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