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Gästeführer sind das Aushängeschild einer Stadt, sagt Markus Müller-Tenckhoff.

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Qualitätsoffensive für bessere Guides: Berlin ehrt Gästeführer

Die Gesichter Berlins: Gästeführer vermitteln vielen Besuchern Eindrücke von der Stadt. Die Wirtschaftsverwaltung ehrt nun zehn besonders kompetente.

Von Maris Hubschmid

Der erste Eindruck zählt – kein Zweifel also, welche Verantwortung Gästeführer für das Ansehen einer Stadt tragen, meint Markus Müller-Tenckhoff. 600 Menschen bieten in Berlin Stadtführungen an, so weit die Schätzungen – genaue Zahlen gibt es nicht, die Dunkelziffer ist hoch. Genau das sei das Problem, sagt Müller-Tenckhoff, der seit Jahren als Fremdenführer in der Hauptstadt arbeitet: „Stadt-, Gäste- oder Fremdenführer ist kein geschützter Begriff“, sagt der 46-Jährige. Der Berufsverband „Berlin Stadtführer Berlin Guide e. V.“, Deutschlands größter Gästeführerverband, hat deshalb 2009 ein Bildungsprogramm ins Leben gerufen, das Fremdenführer auf vielfältige Art und Weise schult – und so die Qualität der Stadtführungen in Berlin sichern soll.

600 Stunden Fortbildung

Am Dienstag werden zehn Gästeführer ausgezeichnet, die die Fortbildung erfolgreich durchlaufen haben. Sieben Frauen und drei Männer sind darunter, im Alter von 36 bis 64 Jahren. Vier weitere Absolventen haben ebenfalls die Prüfung bestanden, müssen aber noch zwei Jahre Berufserfahrung sammeln, ehe die Ausbildung als abgeschlossen gilt. Staatssekretär Guido Beermann will die Absolventen in der Senatsveraltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ehren. Insgesamt sind seit der Gründung der Initiative nunmehr 120 Berliner für ihre Gästeführer-Kompetenzen ausgezeichnet worden. 600 Stunden Ausbildung haben sie dafür auf sich genommen und 3000 Euro bezahlt – Geld, das die meist selbstständig arbeitenden Teilnehmer mehrheitlich selbst aufbringen. Dafür sind sie dann „DIN EN“-qualifiziert, wie die Richtlinie heißt, auf der das Programm fußt. Richtlinie und Fortbildung sind einzigartig in Deutschland und Österreich. Der Aufwand lohnt sich, meint Müller-Tenckhoff: Das Bundespresseamt zum Beispiel arbeite bevorzugt mit Gästeführern, die eine solche Qualifikation haben.

Nicht alle Angebote sind sachkundig

Der Gästeführerverband sieht ein Problem darin, dass immer mehr Tourismus-Unternehmen nur noch spezielle Produkte anbieten und rein zweckgebunden ausbilden, um Kasse zu machen. Angebote wie die „Trabi-Safari“, Fahrrad- oder Segway-Touren sind aus Berlin kaum wegzudenken. „Die haben durchaus ihre Daseinsberechtigung“, meint Müller-Tenckhoff. Sie seien aber auch die Paradebeispiele in einer Reihe von originellen, jedoch nicht immer sachkundigen Angeboten. Geschichte und Gegenwart, Kultur und Architektur, Sitten und Bräuche – all das sind Wissensbereiche, die in der Fremdenführer-Fortbildung gelehrt werden.

Zu den besonderen Fähigkeiten eines Fremdenführers gehöre es auch, flexibel zu sein, sich auf unterschiedlichste Bedürfnisse und Herausforderungen einzustellen, mahnt der Berufsverband. „Die Qualität liegt in der Vielfalt.“ Ausbildungsträger der zertifizierten Fortbildung ist die „Berlin Akademie“ für berufliche Weiterbildung mit Sitz in Tempelhof. „Das ist ja kein Ausbildungsberuf, den man nach der Schule lernt“, erklärt Müller-Tenckhoff. Es gebe viele Quereinsteiger und das sei großartig. „Solange sie ihre Aufgabe ernst nehmen und verantwortungsvoll damit umgehen“ – sich als Botschafter Berlins begreifen.

Teils fragliche politische Ausrichtungen

Ein wichtiges Anliegen ist dem Verband dabei auch, dass es ein ausreichendes Angebot guter fremdsprachlicher Führungen gibt. „Viele kommen nach Berlin und sagen: Ich spreche Finnisch oder Kroatisch oder sonst irgendwas, ich mache jetzt Stadtführungen für Touristen. Die beziehen ihr Wissen manchmal allein aus Wikipedia“, sagt Müller-Tenckhoff. Auch die politische Ausrichtung der Führungen sei in Einzelfällen mindestens fraglich.

In der Gruppe der zehn neuen Absolventen, die nun geehrt werden, ist auch eine Rumänin dabei. Gerade hat eine Teilnehmerin das Programm begonnen, die eines Tages Führungen in Gebärdensprache anbieten will.

Der Verband hofft, dass das Bewusstsein für kompetente Fremdenführungen in der Stadt wächst – und damit auch der Respekt vor dem Beruf sowie die Bereitschaft, für diese Leistungen zu zahlen. Ein Guide sollte ausgeruht sein und gut vorbereitet – das alles müsse im Stundenlohn berücksichtigt werden, sagt Müller-Tenckhoff. Genau wie An- und Abfahrtsweg. 35 Euro netto die Stunde für den Gästeführer hält der Verband für angemessen.

Als Botschaftergehalt doch eigentlich ein Schnäppchen.

Weitere Informationen zur Initiative und zur Buchung im Internet unter www.berlin-guide.org

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