
© Andreas Klaer
Mehr Angebote für Eltern und Kinder: Berliner Grüne stellen Entwurf für Familienfördergesetz vor
Mehr Geld für Familienzentren und bessere Beratungsangebote berlinweit: Die Grünen haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Familien stärken soll.
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Es sei das zentrale familienpolitische Vorhaben der Grünen in Berlin, wenn nicht sogar „das wichtigste Projekt“ – das wurde bei der Präsentation gleich mehrmals betont. Am Freitag hat die Grünen-Fraktion des Abgeordnetenhauses einen Entwurf für ein Familienfördergesetz vorgestellt. Und das noch bevor die Senatsbildungsverwaltung ihren eigenen Entwurf dazu öffentlich gemacht hat.
Berlin sei zwar Anziehungspunkt für Familien, aber eben auch Hauptstadt der Kinderarmut. Deshalb wolle man Familien systematisch stärken und so Kindern frühzeitig bessere Bildungschancen eröffnen, so beschreibt die Grünen-Fraktion ihr Anliegen für ein Familienförderungsgesetz.
Kernstück des grünen Gesetzentwurfs ist die Schaffung von sechs neuen Angebotsformen der Familienförderung im Land Berlin: Familienzentren, Beratungs- und Unterstützungsangebote im häuslichen Kontext, Angebote im Sozialraum (z.B. an Grundschulen oder Kitas), Erholungsreisen für Familien in herausfordernden Situationen, außerdem Angebote für Familienförderung und Familienberatung in Online-Formaten und Familienservice-Büros, welche die Leistungen des Jugendamtes gebündelt und verbunden mit sozialpädagogischer Beratung anbieten.
Diese Angebote sollen sich grundsätzlich an alle Familien im Land Berlin richten. Es soll aber eine Schwerpunktsetzung in Bezirken mit größerer Armut oder „besonders herausfordernder Sozialstruktur“ geben.
Familienzentren mit diversen Angeboten (wie Kinderturnen, Sprachlerntrainings oder Eltern-Kind-Gruppen) gibt es bereits in vielen Gegenden der Stadt. Bisher seien die Bezirke allerdings sehr unterschiedlich ausgestattet, sagte Marianne Burkert-Eulitz, Sprecherin der Grünen für Kinder, Familie und Bildung. So gebe der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beispielsweise für den Bereich Familienförderung 75 Euro pro Einwohner aus. In Pankow seien es lediglich fünf Euro pro Einwohner. Dementsprechend unterschiedlich fallen die Angebote für Familien aus.
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Auch die Finanzierung mancher Angebote stünde derzeit ohne Gesetzesgrundlage auf wackeligen Beinen. „Manche Familienzentren wissen momentan nicht sicher, ob sie weiterhin ihre Miete finanziert bekommen“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel. Durch das Gesetz würden sie eine finanzielle Basis erhalten. Auch könnten Bezirke ihre Angebote nach der Nachfrage ausrichten.
Die Grünen wollen das Etat auf 55 Millionen verdoppeln
Gibt es in einem Bezirk besonders viele Schwangere, Alleinerziehende oder Familien mit Gewalterfahrungen, solle hier künftig das Beratungsangebot verstärkt werden. Außerdem soll durch das Gesetz sichergestellt werden, dass in den Familienförderungs-Einrichtungen auch entsprechend qualifiziertes Personal eingesetzt wird.
Man wolle niedrigschwellige Angebote und Dienstleistungen schaffen, damit es auch eine hohe Beteiligung an Familien gebe, erklärte der Rechtswissenschaftler Peter Schruth, Mitbegründer des Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe, der den Gesetzentwurf für die Grünen erarbeitet hat.
Aktuell stehen im Land Berlin rund 25 Millionen zur Familienförderung zur Verfügung. Die Grünen-Fraktion strebt langfristig einen Zuwachs um rund 30 Millionen Euro auf rund 55 Millionen Euro an. Das würde mehr als eine Verdoppelung des Etas bedeuten.
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Ob sie damit beim SPD-Finanzsenator, Matthias Kollatz, durchkommen, wird sich zeigen. Das Familienfördergesetz ist Teil des Koalitionsvertrags der rot-rot-grünen Regierung. Die Senatsbildungsverwaltung erarbeitet gerade einen eigenen Entwurf für ein Familienfördergesetz. „In dieser Legislaturperiode muss dieses Gesetz beschlossen werden“, sagte Silke Gebel.
Mit dem Vorpreschen der Grünen, die ihren Gesetzentwurf noch vor dem Entwurf der Senatsbildungsverwaltung vorstellen, wollen sie offenbar den Druck für eine schnelle Umsetzung erhöhen. „Dies war unser wichtigster Punkt im Koalitionsvertrag. Wir haben die Verpflichtung dazu, Sorge zu tragen, dass dieses Gesetzt in dieser Legislatur durchgebracht wird“, sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Marianne Burkert-Eulitz.
Scheeres stimmt vielen Vorschlägen der Grünen zu
Die Senatorin für Bildung und Familie, Sandra Scheeres, teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage mit, dass sie das Grünen-Papier nicht als Gegenentwurf, sondern als ergänzende Anregungen zur laufenden Arbeit am Familienfördergesetz betrachte. "Rot-Rot-Grün war sich von Anfang an einig: Mit dem Gesetz wollen wir Familien stärken, vielfältige Angebote für Familien flächendeckend sichern und eine verbindliche Rechtsgrundlage dafür schaffen. Dafür arbeiten wir gemeinsam an einem Entwurf für das Familienfördergesetz."
Dafür sei man bereits in der finalen Phase. Mit dem Jugendförder- und Beteiligungsgesetz, das der Senat vergangenes Jahr beschlossen hat, habe man bereits "einmal gezeigt, wie es geht". Nach derzeitigem Planungsstand soll der Gesetzentwurf für das Familienförderungsgesetz Anfang des Jahres in den Senat gebracht werden.
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