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„Das Essen ist zum Niederknien“: Für von Hand gezogene Nudeln stehen die Leute sogar in der Kälte an
Vor Wen Chengs Nudelladen im Prenzlauer Berg stehen die Leute seit Tag eins. Um zu verstehen, was es damit auf sich hat, hat sich unsere Autorin dazugestellt.
Stand:
Es ist ein kalter Donnerstagabend. Passanten laufen eilig über die Schönhauser Allee. Alle? Nein! Eine unbeugsame Menschengruppe hört nicht auf, der Kälte Widerstand zu leisten. Sie stehen ordentlich in einer Schlange vor Wen Cheng. Was sie hier wollen? Von Hand gezogene Nudeln!
„Das Essen ist zum Niederknien“
Für die breiten chinesischen Teigwaren steht man schon mal 40 Minuten an. Heute sind es nur etwas mehr als 20 Minuten – vielleicht wegen der Kälte. Lena und Regina, beide wohnen in der Umgebung, stehen am hinteren Ende der Schlange. Regina erzählt, sie sei zum ersten Mal hier. Lena habe sie mitgeschleppt. Diese gehört anscheinend zur Stammkundschaft des Ladens. „Das Essen ist zum Niederknien“, sagt sie. „Ich würde dafür morden“.
Auch Paula steht mit Ihrem Freund in der Schlange. Sie wohnen eigentlich gar nicht in Berlin, sind hier aber bei Paulas Bruder zu Besuch. Der nutzt die Wartezeit zum Telefonieren. Wen Cheng kenne man ja, sagt sie, deshalb habe sie das auch mal ausprobieren wollen. Etwas Überzeugungskraft habe sie benötigt, um den Bruder dazuzubekommen, sich hier in die Schlange zu stellen.
Dass die Zeit nicht ganz so langsam vergeht, liegt auch daran, dass die Gäste beim Warten mit Bier und warmen Getränken versorgt werden. Mit einer beeindruckenden Effizienz werden derweil die Leute in und aus dem Lokal gelotst: „Für drei Personen? Gerade aus durch und dann links! Für zwei? Am Fenster rechts, bitte!“. Mit Warteschlangen kennt man sich hier aus, denn die gibt es an den beiden Filialen des Nudelmachers seit Tag eins.
Überzeugt sind Moritz und Johann, 23 und 24, trotz aller Effizienz nicht. „Bei dem Hype hatte ich mehr erwartet“, sagt Moritz. „Das Essen war lecker, aber für 14,50 Euro stelle ich mich hier nicht noch mal an“. Vergangenen Juni, bei der Eröffnung des ersten Wen Cheng, ein paar hundert Meter weiter, nördlich auf der Schönhauser Allee, kostete das gleiche Gericht noch 11,50 Euro.
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