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Roland Sillmann bei einer Grundsteinlegung der Wista. Heute besteht sein Job vor allem aus kommunizieren und motivieren.

© Boris Buchholz/TSP

Mein erster Job: Palsteks knoten, bis die Finger wund sind

Schon mit 13 Jahren hat Roland Sillmann in einer Seilerei gearbeitet. Den Lohn sparte er für eine Stereoanlage und den Führerschein.

Eine Kolumne von Roland Sillmann

Stand:

Ich komme aus einem klassischen Arbeiterhaushalt. Meine Eltern haben alles bezahlt, was mit Fußball zu tun hatte, meiner wichtigsten Freizeitbeschäftigung, aber für größere Anschaffungen musste ich selber Geld verdienen. Mit 13 Jahren habe ich angefangen, in einer Seilerei in Emmendingen zu arbeiten. Emmendingen liegt in der Nähe von Freiburg, wo ich aufgewachsen bin.

In der Seilerei brauchten sie jemanden, der Palstek-Knoten an Zugseilen anbringt. Die Seile wurden damals für Fitnessmaschinen genutzt. Ich habe wochenlang Palstek-Knoten gemacht, gefühlt 180.000, ich kann den Palstek auch heute immer noch im Schlaf.

In unserer Serie berichten uns Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaft in loser Reihenfolge über ihre ersten Jobs als Schüler oder Studenten.  

© Tagesspiegel

Vom Knoten bekam ich Blasen an den Händen, deshalb habe ich dann präventiv Pflaster aufgeklebt. Später habe ich dann in der Instandsetzung der Seilerei gearbeitet, das war dann schon anspruchsvoller, da habe ich Drehen und Fräsen gelernt, was mir dann später im Maschinenbaustudium geholfen hat.

Ich habe als Schüler an zwei Wochentagen jeweils vier Stunden gearbeitet und die Hälfte der Ferienzeit. Neun Mark in der Stunde gab es dafür, das war schon ein attraktiver Lohn. Das Geld habe ich gespart für größere Anschaffungen wie eine Stereoanlage, die kostete damals 1000 Mark, und später für den Führerschein und mein erstes Auto, einen Opel Kadett.

Nach meinem Zivildienst in einem Internat für Kinder mit Behinderungen habe ich dann angefangen zu studieren. Damit das Geld reichte, habe ich parallel Nachtschichten in einem Altenheim übernommen. Meistens eine ganze Woche lang, also sieben Schichten hintereinander.

Was ich gelernt habe bei meinen Nebenjobs, ist vor allem, dass man bei monotoner Arbeit nicht über acht Stunden voll konzentriert sein kann.

Roland Sillmann, Geschäftsführer der Wista GmbH

Auf zwei Rundgängen habe ich jeweils rund 200 Bewohner betreut, die Windeln gewechselt und sie umgelagert, damit sich keine Druckgeschwüre bilden. Die Arbeit war schon anstrengend und kostete auch anfangs Überwindung. Die Windeln sollte man möglichst so wechseln, dass die alten Leute nicht davon aufwachen.

Zum Ende jeder Schicht habe ich dann zehn riesige Müllsäcke mit nassen Windeln nach draußen geschleppt. 16 Mark in der Stunde habe ich verdient. Direkt nach der Arbeit bin ich dann manchmal zur Uni gefahren, das könnte ich heute nicht mehr machen. Das Studium an sich fiel mir aber leicht, daher war das damals eigentlich kein Problem.

Was ich gelernt habe bei meinen Nebenjobs, ist vor allem, dass man bei monotoner Arbeit nicht über acht Stunden voll konzentriert sein kann. Das muss man wissen, wenn man mit Leuten umgeht, die in der Produktion arbeiten. Die Nachtschichten im Altenheim haben mir eine Art Grundgelassenheit gegeben. Viele Probleme im Leben erscheinen mir vor diesem Hintergrund marginal. Ich bin dadurch wirklich gelassener und zufriedener geworden.

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