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Die Berliner Digitalwirtschaft ist nicht leicht zu fassen für die Gewerkschaften.

© Getty Images/Digital Vision

„Arbeitsbedingungen oft wie im Mittelalter“: IG Metall wirbt in Berlin um Angestellte der Digitalwirtschaft

Herausragend große Tarifkonflikte erwartet die Industriegewerkschaft IG Metall in Berlin nicht in diesem Jahr. Nun will sie in der Start-up-Hauptstadt längst überfällige „Pionierarbeit“ in der Digitalwirtschaft leisten.

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Die Volkswagen-Krise mit geplanten Werksschließungen bereitet der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) Berlin zwar Sorgen, für die Hauptstadt werden derart große Einschläge jedoch nicht erwartet. Der Einsatz für die klassischen Branchen bleibt wichtig, aber überschaubar. In diesem Jahr steht vor allem die „Pionierarbeit“ in neuen, jungen Betrieben der Digitalwirtschaft im Fokus der IG Metall. Das machte Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin am Montag in einem Pressegespräch deutlich.

Seit Juni 2024 gibt es ein Digitalteam von fünf Kolleg:innen IG-Metall-Haus in Berlin-Kreuzberg, die Betriebe und Start-ups in der Digitalwirtschaft ansprechen und sie beispielsweise bei der Gründung eines Betriebsrats oder bei Tariffragen unterstützen.

Aktuell geht es um rund 140.000 theoretisch ansprechbare Beschäftigte aus der Digitalwirtschaft, die zu den 100.000 klassischen Industriearbeitsplätzen für die IG Metall Berlin hinzukommen. Die Zahlen zeigen, dass die Entwicklung nicht neu ist, die Branche allerdings schnell, international und von hoher Fluktuation geprägt. Darauf musste sich die IG Metall Berlin erstmal vorbereiten.

140.000
Beschäftigte arbeiten in der Berliner Digitalwirtschaft.

„Besser spät als nie“, räumt Jan Otto ein und verweist auf die behäbigen Strukturen innerhalb der „traditionellen Gewerkschaft“. Seit 2021 habe man „Feldforschung“ in der Berliner Digitalwirtschaft betrieben und sei sich einig: „Wir müssen denen eine Heimat geben!“ So modern und innovativ die Unternehmen aus der Digitalwirtschaft in ihren Produkten auch seien, „die Arbeitsbedingungen sind oft noch aus dem Mittelalter“, meint Otto.

Schwieriger Zugriff in internationale Teams

Die Lohnunterschiede liegen bei 2000 bis 3000 Euro, die Teams sind international, viele kennen keine Gewerkschaften oder befürchten aus der Erfahrung in ihren Heimatländern Probleme, wenn sie Mitglied in einer Gewerkschaft werden. Tatsächlich würden auch hier Betriebsratsgründungen aktiv behindert, oder man verbiete den Leuten, Versammlungen abzuhalten. „Wir müssen da ganz neuen Räume schaffen“, sagt Otto.

Bei Cariad, der Software-Schmiede von Volkswagen, wurde bereits ein Haustarifvertrag abgeschlossen. Zwei große Tarifverträge sollen dieses Jahr als Blaupause mit Strahlkraft ausgehandelt werden. Zum einen mit Roll-Royce Solution, einem Hersteller von erneuerbarer Energieerzeugung, und einem weiteren Berliner Digital-Unternehmen, mit rund 4500 Beschäftigten, dessen Namen Otto noch nicht nennen will.

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