
© dpa/Tom Weller
Fußballschauen in der Schule: Husten, wenn Deutschland trifft
Als Deutschland gegen Japan spielte, schrieb unser Schülerpraktikant eine Spanisch-Arbeit. Wie er das erste WM-Spiel der Deutschen trotzdem verfolgt hat.
Stand:
Es ist Mittwoch, schon bald 14 Uhr. Das erste Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht an. Problem. Ich bin in der Schule und schreibe gleich eine Spanisch-Klassenarbeit. Um 13.45 Uhr klingelt es zur Hofpause.
Alle anderen Schüler dürfen am Mittwoch jetzt nach der sechsten Stunde nach Hause, nur die Kinder an meiner Schule in Pankow, die eine Fremdsprache lernen, müssen noch zwei Unterrichtsstunden bleiben. Pech für mich, denn ich bin Fußballfan. Wie kann ich jetzt bloß das Spiel der deutschen Mannschaft sehen?
Not macht erfinderisch. Ich gehe also mit den anderen Schülern, die auf der Schule eine Fremdsprache belegen, in die Hofpause und setze mich mit ihnen in die hinterste Ecke des Schulhofs, wo uns die Lehrer nicht sehen können.
Die Spanischlehrerin erlaubt kein Fußballgucken
Um 14 Uhr schaut dann einer meiner Mitschüler auf sein Handy und wir gucken schnell gemeinsam das Spiel. Als die Hofpause um 14:15 Uhr endet, erzählen uns die Schüler aus den Französischkurs, dass ihre Lehrerin ihnen erlaubt, die Partie auf der Leinwand zu gucken.
Ich habe inzwischen, bei der ganzen Aufregung ums Deutschland-Japanspiel, vergessen, dass ich jetzt eine Arbeit schreiben muss. Unsere Spanischlehrerin erlaubt uns, schnell noch mal 15 Minuten für die Klassenarbeit zu lernen, während sie kurz etwas erledigen geht. Sie sagte, wenn sie zurückkommt und jemand sieht, wie er oder sie das Spiel guckt, würde sie das Handy der Person einsammeln.
Während ich eigentlich lernen sollte, berate ich mich mit den anderen Jungs aus dem Spanischkurs. Einer sagt, dass er auf seinem Handy eine Fußball-App habe. Wenn ein Tor für Deutschland fällt, dann bekomme er eine Benachrichtigung. Darauf sage ich: „Wenn ein Tor für Deutschland fällt, dann huste doch einfach ganz laut. Damit wir alle Bescheid wissen.“
Bei uns in der Klasse interessieren sich nur wenige für Fußball
Es klappt. Nachdem Ilkay Gündogan per Elfmeter gegen Japan zum 1:0 trifft, hustet unser Mitschüler und wir gucken uns alle grinsend an. Die Spanischlehrerin schaut fragend.
Bei uns in der Klasse interessieren sich nur wenige für Fußball. Eigentlich nur ich und noch ein paar andere Jungs. Von daher gibt es auch nur wenige, die sich die WM angucken. Anders ist es in der Parallelklasse, wo eigentlich jeder die WM guckt. Manchmal unterhalte ich mich mit einigen von ihnen auf den Schulhof über Fußball.
Unsere Spanischlehrerin sagt, dass sie sich, aufgrund der vielen Menschenrechtsverletzungen kein einziges Spiel der Fußball Weltmeisterschaft angucken würde. Auch unser Physiklehrer sagt, dass eine WM im Winter Schwachsinn sei. Für die Australier nicht, denke ich. Da ist gerade Sommer.
Meine Freunde und ich gucken uns die WM trotzdem an. Wir interessieren uns einfach viel zu viel für Fußball und wollen unbedingt wissen, wer es dieses Jahr schafft, Weltmeister zu werden. Aber ich weiß schon, dass viele Menschen beim Bau der Stadien sterben mussten.
Falls meine Lehrerin das lesen sollte, wir machen das nicht noch einmal, das mit dem Husten meine ich. Zum Glück spielen die Deutschen - sollten sie weiterkommen - nun aber nicht mehr so früh beim Turnier, ab jetzt kann ich die Spiele dann zu Hause schauen. Das geht dann auch ohne Husten.
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