zum Hauptinhalt
Nina Massek ist "Fraumutter", bloggt, schreibt auch für den Tagesspiegel-Zehlendorf und hat nun ihr erstes Buch verfasst: Übers Lügen.

© Anett Kirchner

Kann ja nicht wahr sein: Ein Buch voller Flunkerei: Eltern lügen nie!

Als „Fraumutter“ bloggt Nina Massek über Alltagsprobleme - auch für den Tagesspiegel-Zehlendorf. Nun hat die Zehlendorferin ein Buch übers Flunkern geschrieben.

Sie steht in der Küche. Sie muss jetzt sofort etwas Süßes haben. Der Blick fällt auf das letzte Raffaello, dann schielt sie heimlich zum achtjährigen Sohn, der macht Mathehausaufgaben. Der darf jetzt eigentlich nichts Süßes, sie will. Schnell, heimlich. Der Sohn aber guckt ganz plötzlich hoch und ruft: „Mama, du isst ja schon wieder was Süßes!“ Und dann muss sie mal wieder lügen. Und beginnt: „Eine Kopfschmerztablette ...“ Wie diese und 19 weitere Flunkergeschichten ausgegangen sind, kann man jetzt nachlesen in einem Buch, das einen vielleicht noch besseren Titel verdient hätte als „Eine Mama am Rande des Nervenzusammenbruchs.“

Der Lehrerin war das Anliegen offenbar suspekt

Nina Massek, 41, ist diese Mama, zudem ist sie Autorin im digitalen Portal Tagesspiegel-Zehlendorf und Bloggerin. An einem noch sonnigen Herbsttag sitzt sie am Schlachtensee in Zehlendorf und lacht ständig über die eigenen Geschichten. Als sie für das Buch recherchierte, ging sie unter anderem in die Klasse ihres Sohnes in den Religionsunterricht. Der Lehrerin war das Anliegen offenbar suspekt, sie stellte sie mit ernstem Blick und den Worten vor: „Die Frau hier schreibt ein Buch, das davon handelt, wie Erwachsene Kinder anlügen.“

Nina Massek musste schlucken und schmunzeln zugleich in diesem Augenblick, und man kann wohl sagen, es ist ein sehr typischer Massek-Augenblick: Das Ernsthafte, Reale, zum Beispiel die Überforderung, mischt sich immer mit Humor und dem Versuch, auf ironische Distanz zu gehen. Nichts Besseres kann man wohl tun, wenn es um Familie, um Kinder und um das Zusammenleben geht. Das ist das eigentliche Thema und Nina Massek in dieser Hinsicht eine hervorragende Chronistin des Alltags. Wer hat den folgenden Satz nicht schon mal ausgesprochen, wenn es mal wieder gerade gar nicht passte: „Kind, der Spielplatz ist heute geschlossen!“ Sind wir nicht alle Lügner?

Nina Massek ist Anfang 30, als das normale Leben über sie kommt: Sie ist selbstbewusst, attraktiv, hat einen guten Job in einer PR-Agentur, lebt in Berlin, ist verheiratet. Es kommt das erste Kind, es kommt das zweite Kind. „Ich habe mich noch nie so überfordert gefühlt“, sagt sie und neigt den Kopf dabei leicht zur Seite als wäre es ihr heute noch unangenehm.

Mist, warum ist der Spielplatz denn heute zu?
Mist, warum ist der Spielplatz denn heute zu?

© imago

Zwar ist sie Druck im Job gewöhnt, doch dieser geht an die Substanz. Sie entscheidet sich für einen öffentlichen Weg und beginnt mit ihrem Blog, der denselben Titel trägt wie ihr erstes Buch. Mittlerweile gehört „Fraumutter“ zu den am höchsten gerankten Mom-Blogs. Ihr erster Eintrag: Suche nach dem verlorenen Beckenboden.

Durch den Blog entwickelt sich eine virtuelle Gemeinschaft von Gleichgesinnten – von Müttern und Vätern mit ähnlichen Sorgen, Ängsten und vielen Glücksmomenten. Sie stellen Fragen, kommentieren, geben Tipps, argumentieren, vertrauen sich ihr an. Kooperationen mit anderen Medien entstehen, auch mit Tagesspiegel-Zehlendorf. Heute besuchen etwa 45000 Leser im Monat ihre Seite. Und weil sie offensichtlich einen Nerv der Zeit trifft, meldet sich bald auch ein Buch-Verlag.

Immer wieder fragt sie sich selbst, warum das Thema „Familie und Kinder“ oft so hysterisch diskutiert wird, in der Kita, in der Schule, stets ist es aufgeladen. Ihre Antwort: „Womöglich haben wir das Vertrauen in unsere Fähigkeiten als Eltern verloren, unser Bauchgefühl, das meistens doch das richtige ist.“ Und gerade weil die Familienthemen immer eine zu große Ernsthaftigkeit bekommen, hat sie sich entschieden, dieses „Lügenbuch“ zu schreiben, mit Augenzwinkern eben und dem liebevollen Hang zum Absurden.

Immer schön das eigene Tun ernsthaft verulken

Sie selbst glaubt von sich, dass sie eher seriös wirkt, aber hinter ihrem manchmal sehr ernsten Gesichtsausdruck ist das Lachen niemals fern. Das liegt auch daran, dass sie sehr gerne andere zum Lachen bringt, schon in der Schule, sie, ein Klassenclown, oder später in der Theatergruppe. Theater spielt sie übrigens noch heute gern. Mit anderen Eltern. Und immer schön darauf bedacht, das eigene Tun ernsthaft zu verulken.

Nina Massek ist in Kalifornien geboren und hat dort die ersten zwei Jahre ihres Lebens verbracht. Ihr Vater war Manager bei einer Computerfirma. Die spätere Kindheit verbrachte sie in Mainz und Paris, studierte Medienwissenschaften und Germanistik in Marburg. Durch ihren heutigen Mann kam sie vor zwölf Jahren nach Berlin. Ihre beiden Kinder – Tochter und Sohn – sind vier und neun Jahre alt.

Cover des Buches, das am 16. November im Handel ist.
Cover des Buches, das am 16. November im Handel ist.

© promo

Die Entscheidung, ihre ganz persönlichen Erfahrungen als Mutter im Internet öffentlich zu machen, würde sie, wie sie sagt, immer wieder treffen. Wenngleich sie zuweilen auch mit kritischen Kommentaren umgehen muss. Manchmal, sagt sie, erschrickt sie, dass User „offensichtlich keinen Sinn für Ironie haben“. Anfangs war sie dann in der Tat oft dem Nervenzusammenbruch nahe, mittlerweile sieht sie die Dinger viel entspannter. Oder ist das jetzt eine Lüge? Im Buch findet man darauf keine Antwort, nur eine Annäherung: „Sie werden kein vorbildhaftes Verhalten von Eltern darin finden, stattdessen Satire, Ironie, Übertreibung. Und massenweise Zucker.“

Nina Massek: Eine Mama am Rande des Nervenzusammenbruchs. 281 Seiten, 9,99 , erscheint am 16. November im Goldmann-Verlag.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter. Dort finden Sie auch die Redaktion Zehlendorf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false