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Planschende Hunde sind am Schlachtensee und an der Krummen Lanke im Sommer nicht mehr erlaubt.

© Cay Dobberke

BVV Steglitz-Zehlendorf: Heftige Debatte um saisonales Hundeverbot an Badeseen

"Das fördert Politikverdrossenheit": CDU und Grüne wollten das Mitführen von Hunden an Schlachtensee und Krumme Lanke in Frühjahr und Sommer verbieten - SPD und Piraten stimmten dagegen.

Es erinnert ein wenig an den Film: Und täglich grüßt das Murmeltier. In Steglitz-Zehlendorf kommt das Thema „Hundeverbot“ an Schlachtensee und Krumme Lanke offensichtlich nicht zur Ruhe. Die Fraktionen von SPD und Piraten der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) befürchten nun, dass sich in diesem Frühling und Sommer die nächste Auseinandersetzung zwischen Hundehaltern und Nicht-Hundehaltern anbahnen könnte.

Denn wenn es nach den Bezirksverordneten der schwarz-grünen Zählgemeinschaft geht, werden bald Hinweisschilder mit folgender Aufschrift am Uferweg stehen: „Der Aufenthalt von Hunden auf dem Uferweg und der Fläche zwischen dem Uferweg und dem See ist verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die geahndet wird. Im Zeitraum 15. Oktober bis 15. April dürfen Hunde an einer bis zu zwei Meter langen Leine auf dem Uferweg mitgeführt werden.“

Ein entsprechender BVV-Antrag, in dem das Bezirksamt aufgefordert wird, eine solche Regelung zu treffen, wurde am Mittwochabend in der März-BVV-Sitzung mit Mehrheit von CDU und Grüne beschlossen. SPD und Piraten stimmten dagegen. Dem voraus ging eine heftige, fast zweistündige Debatte über das Für und Wider dieses Vorschlages. Denn immerhin hatte das Verwaltungsgericht erst im Dezember letzten Jahres das umstrittene Hundeverbot an den beiden Seen aufgehoben - mit der Begründung, dass die Uferwege nicht insgesamt als Badestelle anzusehen seien.

„Sie kommen hopplahopp mit diesem Antrag um die Ecke, anstatt sich gemeinsam mit den Bürgern hinzusetzen und endlich eine gerechte Lösung zu finden“, kritisierte Norbert Buchta, der Fraktionsvorsitzende der SPD. Es gehe hier um Rücksicht und um Transparenz. Die Seen seien schließlich ein Naherholungsgebiet für alle. Da könne man die Hunde nicht schon wieder ausgrenzen. Außerdem rechne er mit den nächsten Klagen, wenn diese Regelung in Kraft trete. „Das ist nicht das, was wir wollen!“

Seit Mitte Mai 2015 war das Mitführen von Hunden an den beiden Zehlendorfer Seen verboten, seit Dezember wieder zulässig. Grüne und CDU wollen nun ein saisonales Hundeverbot von Mitte April bis Mitte Oktober erwirken

© Uwe Soukup

Auch Eric Lüders von den Piraten wunderte sich, wie er sagte. Zuerst hole man sich durch die Gerichtsentscheidung eine „blutige Schnauze“ und jetzt präsentiere man sich als Retter mit der richtigen Lösung. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass ein Leinenzwang reicht“, erinnerte er. Es sei nicht nachgewiesen, dass angeleinte Hunde an den Seen gefährlich wären. Er habe kein Vertrauen mehr, dass diese vorgeschlagene Regelung rechtmäßig sei. Am Ende treffe man sich wieder vor Gericht, was immerhin Geld koste und der Bezirk mache sich erneut lächerlich. „Sie schmeißen hier das Geld der Bürger zum Fenster hinaus!“

Es folgten begeisterte Beifallsbekundungen von Piraten und SPD. Durch die Reihen von CDU und Grüne ging eher ein Raunen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maren Schellenberg, verdeutlichte noch, dass auch eine zwei Meter lange Leine einen Hund nicht davon abhalten könne, einen dreijährigen Jungen umzurennen. Man müsse zudem bedenken, dass der Uferweg am Schlachtensee im Frühling und Sommer gut besucht, also kein einsamer Waldweg sei.

Dann folgte der Auftritt des CDU-Fraktionsvorsitzenden Torsten Hippe. Mit einem Stapel von Zettel und einem gefüllten Cola-Glas trat er demonstrativ an das Rednerpult. Das versprach ein längerer Monolog zu werden. Und so war es später auch. Zunächst sagte er jedoch: „Man kann der Meinung sein, Frau Markl-Vieto ist Schuld, man kann aber auch der Meinung sein, Herr Karnetzki ist Schuld.“ Denn der Bezirksstadtrat, der unter anderem für das Ordnungsamt zuständig sei, habe die Kontrollen der Regelungen an den Seen in den letzten Jahren nicht ausreichend durchgesetzt.

Hippe erinnerte an einen BVV-Beschluss aus dem Jahr 2012, in dem darum gebeten wurde, dass unter anderem Grillen, Vermüllen, laute Musik und fehlerhaftes Führen von Hunden mehr kontrolliert werden müssten. Das sei jedoch nicht geschehen. „Und wer nicht rechtzeitig eingreift, den überrollt die Entwicklung“, fasste er zusammen und machte sich dann die Mühe, das von der SPD vorgelegte Konzept zum Schutz und zur Weiterentwicklung der Seenlandschaft im Grunewald vorzulesen - jedes einzelne Wort, 14 DIN-A4-Seiten, etwa eine viertel Stunde lang. Ob er damit die Anwesenden im Saal ermüden oder zermürben wollte?

"Sinnloses Geschwätz"

Zumindest eines gelang ihm. Er lenkte ab. Manche lasen Zeitung oder starrten Löcher in die Luft, viele widmeten sich ihrem Smartphone oder Tablet, einige gingen hinaus, holten sich etwas zu essen und selbst die SPD-Bezirksverordneten verfielen in Zwiegespräche, eine Dame packte sogar schon ihre Tasche. Dann holte Hippe zum Schlag aus. „Sinnloses Geschwätz“, bewertete er das Konzept, in dem zwar viele richtige Dinge stünden, aber keine Lösungen angeboten würden. „Das fördert Politikverdrossenheit.“ In dieser Sache gebe es im Grunde nur falsche Lösungen. Das sei ihm bewusst. Aber er empfinde den Vorschlag in dem BVV-Antrag zumindest als die am wenigsten falsche Lösung.             

Selbstverständlich sei ihm wichtig, dass die neue Regelung rechtmäßig sein müsse. „Ich ermutige jeden Bürger zum Verwaltungsgericht zu gehen und das prüfen zu lassen“, sagte Hippe und betonte zugleich, dass er davon ausgehe, dass die vorgeschlagene Regelung rechtmäßig sei. Darauf schaltete sich kurz der Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) dazwischen, dem das Rechtsamt des Bezirkes untersteht. Nach Einschätzung des Rechtsamtes hätte ein Verfahren zu dieser neuen Regelung vor Gericht 50 Prozent zu 50 Prozent Bestand, erklärte er.

Zu wenig, findet Norbert Buchta von der SPD. Soll man jetzt warten, bis der Bezirk die zweite Klage verliert? Zwar sei die neue Regelung ambitioniert, aber „lassen Sie uns bitte gemeinsam eine hundertprozentige Lösung finden.“

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