
© Kerstin Kellner
Spitzenspiel in Zehlendorf: Kleine Hertha träumt vom Aufstieg
Die "kleine" Hertha aus Zehlendorf könnte am Freitag zu Hause den Tabellenführer stürzen. Bisher hielt sich der Klub mit höheren Ambitionen zurück, aber intern träumen doch schon einige vom Aufstieg in die Fußball-Regionalliga.
An diesem Freitag (19.30 Uhr, Ernst-Reuter-Stadion) treffen mit dem FC Hertha 03 Zehlendorf und dem FSV Union Fürstenwalde die beiden derzeit führenden Teams der Oberliga Nordost/Nord aufeinander. Zweiter gegen Erster – spannender gehts von der Ausgangslage nicht. Fürstenwalde könnte sich als Sieger dieses Duells weiter absetzen, behalten die Hausherren die Oberhand, gibt es ein Wachablösung an der Spitze.
Dass diese Ansetzung überhaupt ein Spitzenspiel ist, haben sich die Zehlendorfer selbst erspielt. Nach dem Fehlstart (0:2 zum Auftakt bei Aufsteiger Victoria Seelow) haben sie in den letzten Wochen stabile Form bewiesen. Nach absolvierten zwölf Partien können sie bereits acht Erfolge auf ihrem Konto vorweisen, nur eine Niederlage kam hinzu. So liegt Hertha 03 mit 26 Zählern nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter aus Fürstenwalde, der unter beinahe profihaften Bedingungen trainiert.
Präsident Niroumand: "Je früher, desto besser"
Es bietet sich nun die Gelegenheit, nach Punkten mit dem Tabellenführer gleichzuziehen. Große Kampfansagen sind von den Spielern und aus dem Umfeld ausgeblieben. Einerseits gibt sich der Verein nach außen unaufgeregt, andererseits haben sie intern doch schon angefangen zu träumen. Bei dieser Ausgangslage wird inzwischen über „mehr“ gesprochen. "Die Spieler genießen zwar den Augenblick, haben aber längst Lunte gerochen“, sagt Teammanager Timo Steinert. Auch Präsident Kamyar Niroumand träumt vom Aufstieg. Aber er übt keinen Druck aus. Man bleibt gelassen, gibt dem Team Zeit zu reifen, Trainer und Betreuerstab können in Ruhe arbeiten. Und doch sagt der Präsident: „Je früher wir es schaffen, desto besser wäre es."
Auch Trainer Markus Schatte kann sich mit den höheren Zielen des Vereins identifizieren, denn „das ist ganz in meinem Sinne, schließlich betreiben wir doch Leistungssport“, versichert er.
Einer ihrer Spieler, Burak Mentes, setzt für sich selbst immer kleine Zwischenziele, auch wenn das vom Trainerteam „möglichst keiner mitbekommen soll“. So ist er in der bisherigen Hinrunde verfahren – und es lief gut. Meistens wurden seine Vorgaben von ihm und seinen Mannschaftskameraden sogar übertroffen. Eine bestimmte Punktezahl hat er sich immer für die nächsten drei, vier Spiele vorgenommen - so ähnlich verfährt übrigens auch Pal Dardei, der Trainer der "großen" Hertha...
Viele Eigengewächse sind für den Erfolg mit verantwortlich
Trotzdem haben alle ein wenig die Furcht, sie könnten sich mit öffentlichen Aussagen zu weit aus dem Fenster lehnen. Vielleicht weil man noch nicht damit gerechnet hatte, diese Saison schon so weit zu sein, um vom Aufstieg in die Regionalliga träumen zu dürfen. Es sollte ja nur ein „Platz unter den ersten sechs Teams" sein. Deshalb lautet die offizielle Sprachregelung: „Wir wollen bis zum Winter weiter oben dran bleiben.“
Der Verein freut sich vor allem darüber, dass der bisherige Erfolg mit einer großen Anzahl an Eigengewächsen erreicht worden ist, wie Präsident Niroumand nicht müde wird zu betonen. Bleiben die Zehlendorfer auf dem Teppich (und gegen Fürstenwalde zumindest ohne Niederlage), werden sie sich bis zum Winter oben behaupten können. Ob es dann die Spitze ist oder einige Plätze dahinter, hängt auch vom Schlagerspiel ab. Dann erst ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Die Verantwortlichen werden sich anschließend Gedanken machen, ob und wie die Regionalliga zu stemmen wäre. Denn finanziell ist diese Liga für viele kleinere Vereine ein Risiko.
Der Autor schreibt über die erste Männermannschaft für die Homepage von Hertha 03 Zehlendorf. Der Text erscheint auf Tagesspiegel-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Südwesten. Folgen Sie der Zehlendorf-Redaktion auch auf Twitter.
Oliver Kellner