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Foto: Simone Jacobius

© Foto: Simone Jacobius

Wo Blindenhunde in die Schule gehen: Menschen, Tiere, Managerqualitäten

Er ist spät auf den Hund gekommen: Nach einer Managerlaufbahn leitet Ulrich Strasse als Pensionär die Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde 

Von Simone Jacobius

Stand:

Ulrich Strasse war schon 30, als seine Lebensumstände es endlich zuließen und er sich einen Hund zulegte. Ein Dackel namens Hexe. 14 Jahre alt wurde der, da schien Strasse ein gutes Händchen gehabt zu haben. Ihm folgte Angy, eine Labrador-Hündin, auch sie schaffte es auf 15,5 Jahre. Heute, nach seiner Pensionierung, ist Strasse rund um die Uhr mit Hunden beschäftigt. Er ist Geschäftsführer der Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde und zugleich Stiftungsvorsitzender. Klar, dass er parallel zu seinen „Diensthunden“ auch noch einen eigenen Hund hat – wieder einen Labrador, wie die Führhunde.

Die Stiftung wurde 1995 von Mario Fiedler gegründet. Als Fiedler 2019 aufgrund einer Erkrankung starb, war die Stiftung führerlos. „Ich war gerade frisch pensioniert. Da sprach mich die Schwester meiner Schwiegertochter an, ob das nicht etwas für mich wäre – Hunde, Menschen, Managerqualitäten. Denn sie arbeitet in der Führhundschule und wollte nicht, dass alles den Bach heruntergeht“, sagt Strasse. Da er auch eine blinde Schwester hat, kannte er sich zudem mit dem Handicap aus.

2019 machte er den Schritt in den Unruhestand – und hat ihn nicht bereut. „Mir macht die Arbeit wahnsinnig viel Spaß. Es ist auch nicht mein Ding, einfach nur rumzusitzen und Däumchen zu drehen“, sagt der 67-Jährige. Bei seiner Frau stößt der frühere Bewag/Vattenfall-Manager nicht unbedingt auf Verständnis. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er bereits auf Nachfolgersuche ist. 

Die Ausbildung eines Führhundes kostet etwa 35.000 Euro

Ab nächstem Jahr will er kürzer treten. Fünf Enkelkinder von zwei Söhnen, seine Frau, das Haus in Spindlersfeld und nicht zuletzt auch sein knapp vierjähriger Labrador Wini wollen zu ihrem Recht kommen. Jeden Morgen ist er mit seinem Hund eine Stunde unterwegs – früher zum Stressabbau, heute zur Ideenfindung.

Die Ausbildung eines Führhundes kostet etwa 35.000 Euro. Etwa 60 Labradore der Schule für Blindenführhunde leiten inzwischen blinde Menschen in ganz Deutschland sicher durch die Straßen. Die Kosten für die Ausbildung werden von den Krankenkassen übernommen. Führhunde müssen ruhig sein und dürfen keine Allergien haben. Um die Qualität zu wahren, züchtet die Blindenführhundschule selbst. Nur etwa 20 bis 30 Prozent eines Wurfs sind aber letztlich als Führhunde geeignet. Die anderen werden gegen eine Spende als normale Haushunde abgegeben. Alle Führhunde bleiben Eigentum der Stiftung und werden bis zu ihrem Lebensende umsorgt.

Acht bis zehn Wochen nach dem Wurf kommen die Welpen in eine Patenfamilie, um sozialisiert zu werden. „Die Familien werden von uns ausgesucht und die ganze Zeit betreut“, sagt Strasse. Nach knapp anderthalb Jahren heißt es dann Abschied nehmen. Nach einem Gesundheitscheck werden die geeigneten Hunde kastriert. In der sechs- bis neunmonatigen Ausbildung lernen sie verschiedene Kommandos, wie rechts und links, aber auch „Briefkasten“, „freien Sitzplatz suchen“ und ähnliches.

Auch die neuen Besitzer müssen eine Ausbildung durchlaufen. „Sie müssen ja wissen, welche Kommandos sie ihrem Hund geben können“, erläutert Strasse. Außerdem muss die „Chemie“ zwischen Herrchen oder Frauchen und Hund stimmen. Bis sie etwa zehn Jahre alt sind, bleiben die Hunde im Arbeitsleben – dann werden sie freigestellt und kommen meist in eine andere Familie. Wenn ihnen das Geschirr angelegt wird, ist klar: Jetzt beginnt der Arbeitstag. In den Zeiten dazwischen können sie toben und schmusen wie jeder normale Hund.

Zwei bis drei Würfe pro Jahr sind das Ziel von Ulrich Strasse. „Wir haben derzeit eine Wartezeit von bis zu drei Jahren“, bedauert Strasse. Um diese abzubauen, würde er gerne zehn bis 15 Führhunde pro Jahr abgeben. 

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