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Berlin: Bildungsverwaltung droht Lehrern vor Demo Gewerkschaft wollte mit Wandertag an Schulen

mehr Teilnehmer zum Protestmarsch mobilisieren

Wenn Lehrer, Schüler und Eltern am Donnerstag gemeinsam auf die Straße gehen, um für mehr Geld für die Berliner Schulen zu demonstrieren, muss das nach Ansicht der Senatsbildungsverwaltung unbedingt außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden. Sollte Unterricht ausfallen, müssen die Lehrer mit disziplinarrechtlichen Schritten rechnen; die Abwesenheit der Schüler gilt in diesem Fall als „unentschuldigtes Fernbleiben“.

Das geht aus einem Brief des obersten Personalverantwortlichen der Senatsbildungsverwaltung, Erhard Laube, an die Schulleiter der öffentlichen Schulen hervor. Darin werden die Leiter „bei allem Verständnis, für pädagogisch Wünschenswertes durch eine Erweiterung finanzieller Spielräume zu streiten“, auf die „schul-, arbeits- und dienstrechtlichen Aspekte“ ihres Handelns hingewiesen, sollten sie für den Protest Stunden ausfallen lassen.

Unter dem Motto „Für bessere Schule in Berlin“ haben die Lehrergewerkschaft GEW, der Landeselternausschuss und der Landesschülerausschuss für den 9. Juni zu einer gemeinsamen Demonstration aufgerufen. Sie soll um 12.30 Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz beginnen und über die Torstraße, Friedrichstraße, Reinhardtstraße, Luisenstraße und Dorotheenstraße zum Brandenburger Tor führen, wo um 14 Uhr die Abschlusskundgebung stattfindet. Angemeldet hat die GEW eine Demonstration mit bis zu 10 000 Teilnehmern. Der Termin wurde gewählt, weil an diesem Tag die Kultusminister der Länder tagen.

Weil es bei normalem Stundenplan knapp werden dürfte, pünktlich zum Protest in Mitte zu sein, hatte der Landeselternausschuss in den vergangenen Tagen die Schulen ermuntert, die Teilnahme an der Veranstaltung als „Projekt - oder Wandertag“ zu deklarieren oder für diesen Tag einen Kurzstundenplan anzusetzen. Wenn Schüler und Lehrer im Rahmen eines „politischen Projekttages“ zusammen demonstrieren gehen, so die Theorie, fiele schließlich kein Unterricht aus – zumindest offiziell nicht. Von „kreativen Ideen“ spricht die GEW-Landesvorsitzende Sigrid Baumgardt.

Die Reaktion der Bildungsverwaltung folgte prompt. „Dies ist nicht zulässig“, heißt es im Brief der Bildungsverwaltung an die Schulleiter. Weder ein Kurzstundenplan noch ein Schulausflug könne zur Demonstrationsteilnahme während der Schulzeit genutzt werden.

Der Landeselternausschuss interpretiert das als „Drohung“ gegen Lehrer, Eltern und Schüler; es habe zudem seitens einiger regionaler Schulaufsichten massiven Druck auf einzelne Schulleiter gegeben, schreibt Landeselternsprecher Günter Peiritsch in einer Mitteilung. Es sei nur verständlich, wenn Schulen nun ihre Teilnahme zurückziehen. Der Landeselternausschuss hat auf seiner Webseite ein Kontaktformular eingerichtet, über das Schulen, die aus Angst vor Konsequenzen einen Rückzieher machen, wenigstens eine Grußbotschaft an die Protestierenden senden können. Bei der GEW ist man indes wenig überrascht von dem Schreiben der Bildungsverwaltung an die Schulleiter. Was das für die Veranstaltung bedeute, müsse man abwarten, sagte Baumgardt.

Die Gewerkschaft hat ein Problem: Sie will disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen die Protestteilnehmer vermeiden. Anders als bei der jüngsten großen Aktion am 5. April wurde deshalb für kommenden Donnerstag auch nicht zum Streik aufgerufen, sondern zum Protest. Wie berichtet, hatten sich vor zwei Monaten rund 4000 Pädagogen an einem Warnstreik beteiligt, obwohl die Bildungsverwaltung mit Gehaltsabzug und disziplinarrechtlichen Konsequenzen gedroht hatte. Fast alle Streikenden waren inzwischen zum Gespräch in der regionalen Schulaufsicht geladen.Barbara Kerbel

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