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Berlin: Bis aufs Blut

Zwei Strafanzeigen, ein Verletzter – das Hallenturnier der Fußball-Oberligisten hat ein Nachspiel

Dennis Kutrieb schlug zu, schnell und kräftig ins Gesicht. Mike Lünsmann torkelte benommen, dann ging er zu Boden. Blut klebte auf seinem Trikot. „Der hat voll auf die Nase geboxt, zweimal“, sagt Lünsmann. „Das war wie in feinster Schlägermanier!“

Tatort Charlottenburg, am späten Sonntagabend: In der Sömmeringhalle findet das Hallenturnier der Berliner Oberligisten statt. Im Halbfinale stehen sich der VfB Lichterfelde und der Weddinger Kiezklub SV Yesilyurt gegenüber. Yesilyurt gewinnt 2:1, die Schlusssirene ertönt, und plötzlich kommt es auf dem Hallenboden zur Schlägerei. „Erst war da die Faust, dann kam die Rudelbildung. Im Fußball ist das ja leider modern“, sagt Gerd Liesegang vom Anti-Gewalt-Projekt des Berliner Fußball-Verbands (BFV). „Aber was da genau abging, das hat keiner richtig gesehen.“

Fazit des Abends: Die Polizei stellte Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen den Lichterfelder Spieler Kutrieb. Um den Fall kümmert sich in der nächsten Wochen die Staatsanwaltschaft. „Es handelt sich laut unserem Protokoll um eine wechselseitige Körperverletzung“, sagte am Montag ein Sprecher der Berliner Polizei. Denn: Denis Kutrieb habe gegen Mike Lünsmann ebenfalls eine Anzeige wegen Körperverletzung gestellt – „aber erst, nachdem er von unseren Beamten benachrichtigt wurde“.

Mike Lünsmann, der früher in der Zweiten Liga für Hertha BSC spielte und nun seit einem Jahr bei Yesilyurt kickt, kann das nicht verstehen: „Das Spiel war recht hart. Bevor er mich aber geschlagen hat, hat er schon einem Mannschaftskollegen von mir den Ellenbogen ins Gesicht geschlagen.“ Lichterfeldes Präsident Rainer Rotter bestätigt die Szene, spricht aber von einer „Reflexhandlung“. Andere Zeugen berichten von einer schlimmen Grätsche kurz vor dem Abpfiff, ausgehend erneut von einem Spieler des VfB Lichterfelde. VfB-Trainer Bernd Erdmann sagt: „Denis hat sich nicht korrekt verhalten. Wir werden intern über eine Strafe sprechen.“

Denis Kutrieb wurde am Sonntag für den weiteren Turnierverlauf gesperrt. Damit war er nicht allein: Auch Yesilyurts Spieler Ramazan Yildiz wurde gesperrt. Er habe Lünsmann mit einem Karatesprung verteidigen wollen, sagt Toni Petrina, der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Berliner Oberligavereine. Seine Bitte: „Die Vereine müssen sich jetzt erst einmal beruhigen, wir werden wohl alle an einen Tisch bitten.“ Für Donnerstag ist ein klärendes Gespräch angesetzt. Ob die beiden Spieler auf die so genannte Schwarze Liste des BFV gesetzt werden, entscheidet sich erst, wenn das Sportgericht getagt hat. Im schlimmsten Fall kann ein Spieler für mehrere Monate vom Spielbetrieb ausgeschlossen werden.

Beim VfB Lichterfelde reagierte Präsident Rotter irritiert. „Wir haben eine so gute Jugendarbeit mit viele Kulturen. Wir haben uns einen guten Ruf in Deutschland erarbeitet. Ich hoffe, dass wir durch so eine Aktion keinen Imageschaden erleiden.“ Kutrieb hat sich bei Lünsmann bereits entschuldigt. „Er kam gleich nach dem Spiel zu mir und hat mir die Hand gereicht. Das war gut von ihm“, sagt Lünsmann. Deshalb habe er auch auf eine Anzeige verzichtet. Die aber hat die Polizei erstattet. Dass Kutrieb nun ihn beschuldigen soll, „das finde ich seltsam“, sagt Lünsmann. „Ich habe nun wirklich keinen geschlagen.“ Ach ja, Turniersieger wurde der Köpenicker SC. Wen es interessiert.

André Görke

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