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GAZETELER Rückblick: „Böhmer soll die Fragen selbst beantworten“

Wie türkische Blätter über den bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest, der ab dem 1. September gelten soll, berichten

Ab dem 1. September 2008 sollen Ausländer, die Deutsche werden wollen, einen Test bestehen. Das umstrittene Thema bewegt die Gemüter, und auch in den türkischen Zeitungen findet dazu eine hitzige Debatte statt. „Diese Testfragen können selbst Deutsche nicht beantworten“, titelte die „Hürriyet“ am Donnerstag. Darunter hieß es: „Berlin plant einen Test, der selbst für Deutsche schwierig ist, wie zum Beispiel die Frage, was Willy Brandt mit seinem Kniefall in Warschau ausdrücken wollte.“

Kaum hatte die Europameisterschaft begonnen, da platzte mitten in die Freude über den ersten Sieg der türkischen Mannschaft die Nachricht über den nun durchgesetzten bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest. Doch für bestimmte Bevölkerungsgruppen gab die „Hürriyet“ schon Entwarnung: „Wer unter 16 Jahre alt ist, Behinderte und Senioren – sie alle sollen von dem Test befreit werden.“ Dazu listete die „Hürriyet“, wie viele deutsche Zeitungen auch, einige der insgesamt 310 Fragen auf, die im Vorfeld bekannt geworden waren.

Bisher hatten einige Bundesländer in Eigenregie die Einbürgerungswilligen mit eigenen Fragen unter die Lupe genommen. Ab 1. September sollen nun die Kandidaten in allen Bundesländern mit demselben Katalog konfrontiert werden, aus dem 33 Fragen ausgewählt werden. Noch immer gibt es reichlich Kritik am Verfahren, selbst innerhalb der SPD, die das Ganze mitgetragen hat. In ihrer Europa-Beilage zitierte die „Hürriyet“ den Innenexperten der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, mit seiner Forderung, derart sensible Dinge wie einen solchen Fragenkanon in der Koalition besser abzustimmen. Tags zuvor hatte die „Hürriyet“ Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses zitiert. Die SPD-Politikerin Canan Bayram prophezeit: „Die neuen Tests werden wieder ausgrenzend wirken.“ Auch die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Bilkay Öney, erklärte, durch diese Tests werde ein „falsches Signal“ gesendet. So mache die Bundesregierung nur deutlich, dass sie einbürgerungswilligen Migranten nicht genug Vertrauen entgegenbringe.

Am Sonnabend machte die „Türkiye“ das Thema zum Aufmacher. „Böhmer soll die Fragen selbst beantworten!“, titelte das Blatt. Darunter hieß es: „Der Sprecher des Türkischen Bundes, Safter Cinar, fragt, wie viele der Fragen die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer selbst beantworten könnte.“ Deutlich ist in den türkischen Zeitungen an vielen Stellen zu lesen, dass der Unmut der türkischen Gemeinde über den Test noch lange nicht abebben wird. Suzan Gülfirat

Suzan Gülfirat

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