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Die Küchenchefin lehrt, große Fische zu zerlegen.

© Mike Wolff

Kochserie September: Das Beste gegen Beerenhunger

Lehrstunden in Sachen Gourmetküche: Küchenchefin Sonja Frühsammer nahm Hobbyköche mit in den kulinarischen Frühherbst.

Von Susanne Leimstoll

Solch ein paarbetreuter Workshop hat seine Vorteile. Der Herr des Hauses, Peter Frühsammer, ist für die freundliche Begrüßungsrunde, die Weinbegleitung und die heißen Tipps zuständig: Wo gibt es das beste Wild? Wo den besten Messerschleifer? Und Küchenchefin Sonja Frühsammer macht den Teilnehmern an den Profikochtöpfen Dampf – für fünf Lehrstunden in Sachen Gourmetküche und feine Rezepte gegen Beerenhunger.

Es geht richtig zur Sache, an fünf Positionen passiert gleichzeitig etwas: Fisch filetieren, Reh entbeinen, Krebse auslösen, Beeren putzen, Teig vorbereiten. Sonja, die Nette, schuftet sich mit dem Laienteam durchs Menü – lieb, aber rein küchentechnisch unerbittlich.

Von der märkischen Rehkeule, deren Fleisch später mit kalt gerührten Preiselbeeren schmeckt, braucht sie jetzt erst mal die ausgelösten Karkassen für den Jus. Die Kochschüler lernen, wie die Keulenteile heißen: große Nuss, Fricando, Oberschale … Letztere wird rosa gebraten. „Nicht so lange ruhen lassen“, sagt Sonja Frühsammer, „damit der lebrige Geschmack nicht durchkommt.“

Parallel dazu lässt Souschef Patrick die Gnadenlosen unter den Eleven träge krabbelnde Flusskrebse in kochendem Wasser versenken – zwei Minuten, raus ins Eiswasser. Hinterher zerlegen: vorn die Scheren weg, den Kopf vom Leib trennen und dann viel Spaß beim Filigranpulen. „Aber den Krebsdarm raus!“ ruft Sonja.

Jetzt der Strudel: etwas Teig auf einem Tuch ausrollen und das Rund wie einen Lappen immer schön über die Hand ziehen, bis es hauchzart ist. „Macht nichts, wenn es ein bisschen reißt.“ Die Chefin streicht die Quarkfüllung entlang der unteren Linie, Rosinen drauf und mit dem Tuch einrollen.

Nebenan zeigt Sonja Frühsammer, wie Gänsemastleber geputzt wird. Zwei Teilnehmer halten eine gute Handvoll halbrunder Klumpen in der Hand. Das Glänzende obenauf ist die feine Membran, die muss vorsichtig abgezogen werden. „Machma nich solche Löcher da rein“, meckert die Chefin. Die Blutgefäße sollen halbwegs raus, dann schneidet man die Leber in bratfertige Stücke. „Sieht furchtbar aus, schmeckt aber geil“, befindet Frau Frühsammer. Und: „Huch, wer schaut nach den Holunderbeeren auf dem Herd?!“ Keine Bange, der Saft läuft übern Teller, die Früchtchen müssen noch eindicken. Schnell zeigen, wie Heidelbeeren als knusprige Beigabe schmecken: In der Pfanne Karamell machen, Beeren reinwerfen, gleich mit dem Löffelchen raus aus dem heißen Sirup und auf einer Platte erkalten lassen. Außen knusprig, innen fruchtig weich. Und noch ein Tipp: Die Schuppen der Rotbarbe kann man fritieren und essen wie Chips. Das gefällt Magdalena aus Reinickendorf, die eben riesige Meeräschen im Becken abschuppt, dass das Zeugs nur so durch die Gegend fliegt. Dafür hat sie sich freiwillig gemeldet. Reh entbeinen kann sie schon, aber diesen Fisch zu verarbeiten, ist eine Herausforderung. Besonders, nachdem Sonja Frühsammer gezeigt hat, wie die Filets mit dem scharfen Messer ganz dicht entlang der Gräte gelöst werden, so dass das gewonnene Fleischstück ganz glatt ist. Der Nächste säbelt drauflos, und die Äsche sieht reichlich gerupft aus.

Ungewöhnliche Allianzen gibt es unter den Kochfreaks: Reinhard aus Tempelhof wurde von der Freundin aus der Doppelkopfrunde zum Workshop angemeldet. Die Runde spielt nämlich nicht nur Karten, sie kocht auch, jedesmal ist ein anderer dran. Reinhard mag die raffinierte Küche, probiert Rezepte aus dem Internet. Aber dieses Erlebnis hier ist für ihn so lehrreich wie fröhlich. Kurt aus Wilmersdorf ist im Doppel mit seiner Frau Karin dabei und schwärmt von frischen Produkten. „Da tust du dir das Beste. Das ist auch was für die Seele!“ Bei Christiane aus Wilmersdorf muss das Kochen zu Hause „zackzack“ gehen. Jetzt ist sie mit der „künftigen Schwiegermutter meines Sohnes“ hier. Die Damen kennen sich seit Jahren. Das mit dem Heiraten der Kinder sollte wohl demnächst klappen.

„Hallo, keinen Pilz aufs Fleischbrett!“ Die Küchenchefin ist noch da. „Und immer die Arbeitsbretter abwaschen!“ Der kleine Triumph der Kochschüler kommt beim abschließenden Verspeisen des Menüs. Eben, nachdem immer weniger aus der erschöpften Gruppe beim Anrichten assistieren und immer mehr am Tisch sitzen bleiben, wird der Hauptgang serviert: Preiselbeeren, kalt gerührt, zweierlei von der Märkischen Rehkeule, Wirsing, Steinpilze … „Und wo ist die angekündigte Beerenschnitte?“, fragt jemand. Sonja Frühsammer schaut erstaunt auf die Teller, grinst wie ein Lausbub und sagt: „Vergessen.“

Lust, bei der Kochakademie dabei zu sein? Am Sonntag stellen wir den Küchenchef und die Kurse des Monats Oktober vor. Ab Dienstag können Sie sich anmelden.

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