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Berlin: Das unauffällige Hilfsmittel für kulinarische Pragmatiker

Wenn der Reichtum einer Gesellschaft sich an der Menge des verzehrten Fleischs bemisst, dann kann man den Grad ihrer Zivilisiertheit an der Anzahl der Vegetarier ablesen - sagt eine ernährungsphilosophische Weisheit. Dem mag man ohne weiteres beistimmen und einstweilen froh sein, dass man nicht selber unbedingt zu jenen zivilisatorischen Bannerträgern gehören muss, die den erreichten Wohlstand mit der entsprechenden Abstinenz konterkarieren möchten.

Wenn der Reichtum einer Gesellschaft sich an der Menge des verzehrten Fleischs bemisst, dann kann man den Grad ihrer Zivilisiertheit an der Anzahl der Vegetarier ablesen - sagt eine ernährungsphilosophische Weisheit. Dem mag man ohne weiteres beistimmen und einstweilen froh sein, dass man nicht selber unbedingt zu jenen zivilisatorischen Bannerträgern gehören muss, die den erreichten Wohlstand mit der entsprechenden Abstinenz konterkarieren möchten.

Gelegenheits-Vegetarier dagegen sind viele trotzdem ganz gerne, nicht unbedingt aus tief ethischen Anstößen, sondern eher aus Freude an der Abwechslung. Vorübergehenden Verzicht auf tierische Produkte leisten Kulinarier besonders dann, wenn es um weiterführende Aspekte der Ernährung geht - wie zum Beispiel um Bekömmlichkeit, schlanke Linie oder aber die Gewissensnöte der Tochter, die, seit sie einen für heutige Verhältnisse unverblümt zur Schau gestellten Schweinskopf beim Metzger gesehen hat, keinen Happen Fleisch mehr anrühren mag, höchstens noch Wurst.

Bei Gemüsebrühe denkt man eigentlich gar nicht mehr an Vegetarik; sie ist einem schon allein deswegen spontan sympathisch, weil man über die Herstellung von Instant-Brühen auf tierischer Basis so viel Abträgliches gehört hat - und überdies rechtfertigen die Herstellerangaben über die Inhaltsstoffe ja nicht unbedingt argloses Zutrauen. Wer ganz sicher gehen will, kommt freilich so oder so an der eigenhändigen Zubereitung nicht vorbei: Suppengrün, Champignons, Tomaten, Kräuter ...

Bei unserem Test achteten wir in erster Linie auf den Geschmack der über zwanzig verschiedenen Gemüsebrühen, die in Berliner Reformhäusern, Naturkostläden und Supermärkten gekauft wurden, und zogen im Zweifel Produkte vor, die ohne Glutamat auskommen und deren Hefeextraktanteil im schonenden Autolyseverfahren gewonnen wurde. Zunächst erfolgte ein Examen mit dem feuchten Finger, dann gossen wir die Brühen nach Packungsvorschrift mit heißem Wasser auf und prüften die drei besten Gemüsebrühen schließlich in einem Risotto aus italienischem Carnaroli-Reis.

Bei allen fünf Testern kam die Vitam-Gemüse-Hefebrühe am besten an - vermutlich, weil sie von allen Brühen den fleischigsten Geschmack vermittelt. Sie besitzt ein wenig hervorstechendes Hefearoma, das auf die Gemüseanteile gut abgestimmt ist. Überdies verlockt sie wegen ihrer pestoartigen Konsistenz fast schon dazu, sie aufs Brot zu schmieren. Möglicherweise kommt sie etwas zu fett daher und ist im Nachgeschmack ganz leicht bitter - ein Manko, das im Risotto jedoch keine Rolle mehr spielt. Allerdings ist es ratsam, die vielen Gemüsefitzel in der dunkelgrünen Paste vorher per Sieb herauszuseihen.

Cenovis-Klare Gemüsebrühe, ebenfalls aus dem Reformhaus, belegte unangefochten den zweiten Platz. Hier gefiel ein sozusagen voller Körper mit ausgewogenem Kräuteraspekt. Allenfalls der reichlich in die Komposition einbezogene Sellerie lugt geschmacklich vorwitzig hervor, ist aber im Risotto durchaus willkommen, weil er den schweren Parmesan parfümiert. Die Bronzemedaille verdiente sich ein Überraschungsgast an der Tafel, der mit Glutamat versetzt ist.

Granulare Classico vom italienischen Hersteller "Star" erhältlich im neuen, wegen seiner günstigen Preise besuchenswerten Italiensupermarkt "Centro Italia" in Charlottenburg, schmeckt aufgebrüht zwar noch nach Bouillon in einer besseren Autobahnraststätte, versteht es aber, ein Risotto auf eine äußerst gefällige Weise abzurunden. Knapp dahinter landete die weiche, ein bisschen fade "Seitenbacher"-Klare Suppe wegen ihres angenehm pfeffrigen Nachhalls.

Wenig empfehlenswert dagegen erschienen uns die hefig-bitteren "Naturata"-Würzige Suppe, "Arche"-Klare Suppe mit Gemüse sowie die zu säuerliche "Rapunzel"-Gemüsebrühe als auch die nach rostigen Nägeln riechende, endlos salzige "Hüttenfelder"-Klare Suppe. Zu sehr in Richtung Selleriesalz flüchtete uns die "Erntesegen"-Gemüsebrühe, und "Würzl" von Bruno Fischer vermag allenfalls Muskat zu ersetzen, aber keine flotte Gemüsebrühe.

Schlechterdings eklig schmeckte "Podravka"-Vegeta, eine süß-salzige und ziemlich fettige Mischung aus Kroatien, die in den meisten Türkenmärkten feilgeboten wird. Hier verstörte zudem das heuartige Aroma von Trockengemüse sowie das viele Glutamat. Schließlich trieb der Runde das muffige, nach bitterem Malz, ja eigentlich nach Teer schmeckende Suppenkonzentrat von Plantaforce/A.Vogel die Freude am Probieren beinahe aus - und so mochte sie abschließend nur noch resigniert feststellen, daß die Knorr-Gemüse-Kraftbouillon dem entsprechenden Fabrikat von Maggi im Zweifel vorzuziehen ist; in eine anspruchsvolle Küche gehören allerdings beide nicht. Ob Gemüsebrühe überhaupt dahin gehört, das entscheidet der ewige Kampf zwischen Pragmatikern und Puristen. Irgendwann einmal ...Centro Italia, Charlottenburg, Sophie-Charlotten-Str. 9-10/Hof, Tel. 302 17 28, Mo-Fr 9-18.30, Sa 9-14 Uhr. Gute Parkmöglichkeiten.

Dort gibt es Granulare Classico von "Star". Alle anderen Gemüsebrühen sind in zahlreichen Reformhäusern und Bio-Läden erhältlich.

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