zum Hauptinhalt
Ein Bus der Berliner Verkehrsbetriebe. (Symbolbild)

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Nach Messerangriff in Berliner Bus: Halbbruder von verletzter 33-Jähriger in Untersuchungshaft

Vor den Augen ihrer Töchter wird eine 33-Jährige in einem Bus niedergestochen. Ein Tatverdächtiger befindet sich nun in Untersuchungshaft.

| Update:

Nach einer Messerattacke auf eine Frau am Dienstag in einem Bus in Berlin-Gesundbrunnen sitzt ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Berlin am Freitagnachmittag mit.

Demnach handele es sich um den 41-jährigen Halbbruder der Verletzten. Dieser habe sich zum Tatvorwurf noch nicht geäußert, das Tatmotiv sei daher noch unklar. Er sei mithilfe von Videoaufnahmen und Zeugenaussagen identifiziert worden. Ein Haftrichter des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten habe auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl erlassen und vollzogen. Nach den ersten Ermittlungen war zunächst ausgeschlossen worden, dass Täter und Opfer eine Vorbeziehung hatten. 

Wie es weiter in der Mitteilung heißt, hatten Zielfahnder:innen der Polizei den Tatverdächtigen in der Nacht zu Freitag in Berlin-Wedding auf der Straße festgenommen. Zuerst hatten „Bild“ und „B.Z.“ berichtet.

Die Ermittler hatten zuvor um Hinweise aus der Bevölkerung, insbesondere von Fahrgästen der betroffenen Buslinie 327, gebeten. Unmittelbar nach der Tat seien Mitfahrende vor Ort befragt worden. 

Der Gesundheitszustand der Verletzten sei am Freitag laut Polizei und Staatsanwaltschaft weiterhin kritisch, aber stabil. Sie befände sich momentan nicht mehr in akuter Lebensgefahr. Es sei jedoch noch nicht möglich gewesen, sie zu vernehmen.

Die 33-Jährige war bei dem Messerangriff am Dienstag lebensbedrohlich verletzt worden und musste laut Polizei notoperiert werden. Nach einem Bericht der „B.Z.“ erlitt die Frau Verletzungen unter anderem an Herz, Lunge und im Bauch. Sie sei zehn Stunden operiert worden. Der Polizeisprecher hatte dazu zunächst keine Angaben gemacht. 

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Nach bisherigen Erkenntnissen stach der Mann am Dienstag kurz nach 17 Uhr in einem BVG-Bus der Linie 327 auf Höhe Schulstraße/Reinickendorfer Straße unvermittelt auf die 33-Jährige ein, die gemeinsam mit ihren sieben- und neunjährigen Töchtern unterwegs war.

Mitfahrende seien der Frau zu Hilfe gekommen, woraufhin der Tatverdächtige an der Haltestelle Nauener Platz zu Fuß geflüchtet sei, hieß es am Mittwoch. Die Mädchen blieben laut Polizei körperlich unverletzt und befinden sich in der Obhut der Familie.

Debatte über Umgang mit Messerangriffen in Berlin

Gewalttaten mit Messern werden in der Hauptstadt zunehmend zum Problem – vor allem, weil jüngere Menschen regelmäßig zu den Tätern gehören. Im vergangenen Jahr kam es nach Angaben des Senats zu 3317 Straftaten im Bereich „Messerangriff“. 2021 waren es noch 2777, ein weiteres Jahr zuvor weniger als 2600. Auch vor der Corona-Pandemie lagen die Zahlen unter 3000. Ein Vergleich ist wegen geänderter Erfassung in der Kriminalstatistik aber schwierig.

Im laufenden Jahr wurden bis zum 21. März mehr als 600 solcher Straftaten gezählt. Polizeipräsidentin Barbara Slowik beklagte bereits zum Jahreswechsel, dass auch Jugendliche und Kinder immer häufiger Messer dabei hätten und auch einsetzen würden. „Das hat leider zugenommen. Wir betrachten diese Entwicklung sehr genau“, sagte Slowik Ende 2022.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte Ende März aufgrund der gestiegenen Zahlen „eine gesamtgesellschaftliche Reaktion und eine ernsthafte Debatte darüber, welche sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden können, um Menschenleben zu schützen“.

Mit Blick auf die Bereitschaft junger Leute, ein Messer als Waffe einzusetzen, sagte der GdP-Landeschef Stephan Weh damals: „Die einen machen das aus Angst davor, dass sie abgezogen werden, andere, weil sie in geplanten Auseinandersetzungen Menschen ganz gezielt verletzen wollen.“ Die meisten schweren Taten gebe es im privaten Raum. „Wir erleben aber eben auch, dass es immer häufiger bei Auseinandersetzungen auf der Straße nicht mehr bei Schnittwunden bleibt, sondern gezielt zugestochen wird“, sagte Weh.

Innenministerin Faeser regt Debatte um Messerverbot an

Unterdessen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Interview eine Debatte ausgelöst darüber, ob in Bussen und Bahnen ein Messerverbot gelten sollte. Die SPD-Politikerin sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Wir sollten auch über Messerverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln – in Bus und Bahn – nachdenken. Wer mit dem Flugzeug reist, darf ja auch kein Messer mitnehmen.“

Von der Deutschen Bahn kam Unterstützung für den Vorschlag. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält ein solches Verbot dagegen für kaum kontrollierbar. „Wir würden ein landesbehördliches Messerverbot in Zügen und an Bahnhöfen begrüßen. Das kann das Risiko von Straftaten minimieren“, sagte Hans-Hilmar Rischke, Sicherheitschef der Deutschen Bahn, am Donnerstag als Reaktion auf die Aussagen der Ministerin.

Wichtig ist, dass ein solches Verbot auch umgesetzt werden kann, wofür personalintensive Kontrollen nötig sind.

Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei

In Bahnen kam es in den vergangenen Jahren einige Male zu Messerangriffen mit Verletzten und auch Toten. „Uns fehlen 3500 Kolleginnen und Kollegen für die Sicherheit an den Bahnhöfen und in den Zügen“, sagte dagegen Andreas Roßkopf, bei der GdP zuständig für die Bundespolizei, der „Rheinischen Post“ mit Blick auf die Personalsituation. Auch die Berliner GdP sieht Probleme bei der Umsetzung: Für flächendeckende und dauerhafte Kontrollen sehe sie keine Kapazität, so Sprecher Benjamin Jendro.

Die Forderung ergebe Sinn, lasse sich jedoch bereits in den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn und anderen Verkehrsunternehmen umsetzen. „Wichtig ist, dass ein solches Verbot dann auch umgesetzt werden kann, wofür sehr personalintensive Kontrollen nötig sind“, so der Sprecher. (Tsp, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false