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Berlin: Der Dealer des "Pillen-Polizisten"

Der Beruf seines "Kunden" beunruhigte den Dealer nicht. Kristian F.

Der Beruf seines "Kunden" beunruhigte den Dealer nicht. Kristian F. hatte mit dem Polizeiobermeister schon mehrfach gefeiert. Im Kreuzberger "Kit-Kat Klub" und mit Drogen wie Ecstasy oder Marihuana, die er ab 1998 dem Beamten Uwe R. verkauft hatte. Und es begann ein Tauschgeschäft mit dem Mann vom Abschnitt 45: Drogen gegen interne Daten aus dem Polizeicomputer. Zudem erwarb Kristian F. von R. 500 Schuss Munition, die er mit Haschisch bezahlte. "Das alles stimmt", gestand der 23-jährige F. gestern im ersten Prozess im Zusammenhang mit der Affäre um den Handel mit Drogen und Anabolika bei der Berliner Schutzpolizei. Eine Jugendstrafkammer des Landgerichts verhängte gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.

In den gesamten Komplex sind nach bisherigen Ermittlungen 111 Personen verwickelt. Zu den Verdächtigen gehören nach Angaben von Staatsanwalt Thorsten Cloidt 27 Polizisten, ein Feuerwehrmann und zwei Apotheker. Ihnen wird Bestechlichkeit, Bestechung sowie der Handel mit Betäubungsmitteln und Anabolika vorgeworfen. Der Hauptverdächtige der "Pillen-Polizisten" ist der inzwischen vom Dienst suspendierte 33-jährige Polizeimeister Karsten M. aus Wilmersdorf, ebenfalls vom Abschnitt 45 am Augustaplatz in Lichterfelde. In der Szene wurde der Familienvater nur "Bullen-Kalle" genannt. Er soll sich über einen befreundeten Apotheker Anabolika besorgt, die "Muskelpillen" verkauft oder zum Kraftsport-Doping selbst eingenommen haben.

Die beschuldigten Beamten gehören nach Angaben der Staatsanwaltschaft alle dem mittleren Schutzpolizeidienst an. Alle waren aus der Bodybuilder-Szene. In verschiedenen Fitness-Studios sollen sie ihre Körper mit Aufbaumitteln gedopt und "geformt" haben. Nach Ermitllungen im Rotlichtmilieu stand zunächst nur M. unter Verdacht. Schnell aber weitete sich der Kreis aus. Es sei vor allem mit Anabolika, aber auch mit Ecstasy, Kokain und Haschisch gehandelt worden, sagte Cloidt, "flächendeckend über alle Bezirke verteilt". Zwei Monate saßen M. und R. nach ihrer Festnahme im März vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Als sie mehrere hundert Seiten Geständnis abgelegt hatten, kamen sie frei.

Der arbeitslose Bauhelfer F. wurde des Drogenhandels in über 50 Fällen und der Bestechung in 30 Fällen schuldig gesprochen. Nach neun Monaten Untersuchungshaft kam der Angeklagte, der als kleiner Dealer Drogen zur Finanzierung seines Eigenkomsums verkauft haben will, aber gegen Meldeauflagen zunächst frei. Der Prozess gegen die ersten Polizisten und auch einen Apotheker soll in den nächsten Wochen beginnen. Es werde dann gegen acht Personen verhandelt, denen insgesamt 1081 Taten vorgeworfen werden, sagte Cloidt.

Kerstin Gehrke

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