
© Mike Wolff TSP
Der eierlegende Wollmilchbär ist da: Senatskanzlei stellt Künstliche Intelligenz für die Berliner Verwaltung vor
BärGPT soll die Beamten von Routineaufgaben befreien. Doch ob die neue KI mehr Tempo bringt als das gemütliche Wappentier, muss sich erst zeigen.

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Puh. Der Bär! Ist seit plusminus 800 Jahren Berlins Wappentier, aber wofür steht er in der Gegenwart? Kraft, klar. Schnelligkeit? Eher für eine gewisse gemütliche Trägheit und Tapsigkeit, für Leben in der Komfortzone. Er liegt auf der Bärenhaut, macht es sich speziell im Winter in einer Höhle gemütlich und schaut nach dem Aufwachen, wie es mit den Honigvorräten steht.
Einerseits: Das passt perfekt zum heutigen Berlin, bei leider schwindenden Honigmengen. Aber andererseits: Welches Signal sendet das? Sollte die Stadt sich nicht eher an Gazelle oder Puma orientieren, wenn es schon nicht für den Münchener Löwen reicht? Tempo, Wachsamkeit, Resilienz, das wären doch wünschenswertere Eigenschaften als die dickfellige Schnuffigkeit des Wappentiers, nicht wahr?
Nur eine Vorrede, inspiriert von der Ankunft einer Verwaltungsreform, ach was, Revolution. Die Berliner Verwaltung erhält künstliche Intelligenz, die überall dort einspringen soll, wo die natürliche nicht ausreicht, und sie heißt: BärGPT. Automatisch denkt der literaturaffine Zaungast nun an Pu, den Bären, der bekanntlich von sehr geringem Verstand war, aber unter den Tieren im Hundertmorgenwald doch stets freundlich und hilfsbereit Sinn stiftete.
Kriegen wir jetzt sowas? Die Ankündigungen klingen geradezu enthusiastisch. BärGPT soll nicht nur Routinesachen erledigen, sondern auch Texte generieren, zusammenfassen, übersetzen, und das alles mit superduper Datenschutz – soweit normal.
Aber er verfügt, so heißt es in der Pressemitteilung, auch über Verwaltungswissen und ist an die Bedürfnisse eben jener Verwaltung angepasst. „Durch die enge Einbeziehung der Beschäftigten ist eine Lösung entstanden, die im Arbeitsalltag echte Mehrwerte bringt und die Verwaltung bei zeitraubenden Routineaufgaben entlastet“, lobt sich der Chef des „CityLAB“, wo der KI-Assistent entstanden ist.
Da haben wir ihn also, den eierlegenden Wollmilchbären. Das klingt alles so gut, dass der leidgeprüfte Standard-Berliner auf eine weiterführende Idee kommt: Füllt man noch ein paar Weizsäcker-Reden rein, dazu ein Quentchen Pathos von Reuter und Brandt sowie, hol’s der Teufel, die Juxigkeit von Klaus Wowereit, dann wäre damit die ganze lästige Regiermeister-Frage vom Tisch, auf Dauer. Jetzt ist’s vorbei, Kai/halt den Ball flach, Krach. (Sorry.)
Aber wir wollen nicht nur spotten. Es bewegt sich was in der Verwaltung, die Sache mit den Terminen scheint zu funktionieren, allein das war eine Anstrengung wie bei der BER-Verkabelung. Warum soll nicht auch der virtuelle Bär ein Schritt in die richtige Richtung sein? Möglicherweise ist Pu sogar im Gleichklang mit BärGPT der richtige Ratgeber auf diesem Weg. Er weiß: „Flüsse wissen, es gibt keine Eile. Wir werden eines Tages dort sein.“
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