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Etappe erreicht. Jubilar Horst Milde hob den Berliner Marathon 1974 aus der Taufe.

© imago/Norbert Wilhelmi

Gründer des Berlin-Marathons: Der Mann, der Berlin Beine machte

Horst Milde hat den Marathon in die Stadt gebracht. Heute wird er 80 Jahre alt.

1974 erreichten 244 der 286 angemeldeten Läufer nach 42,195 Kilometern durch West-Berlin die Ziellinie am Mommsenstadion. Das waren rund 85 Prozent – im Vergleich dazu ist die Quote für den jüngsten Marathon im September eher mau: Etwa 66 Prozent der 61.390 Läufer liefen durchs Ziel. Für Horst Milde ist aber sowieso die Atmosphäre das Wichtigste und die stimmt ja sowieso. Er darf also stolz sein auf den Berlin Marathon, sein „Kind“, wie er das Großereignis im Tagesspiegel-Interview 2013 nannte. Milde war es schließlich, der den Berliner Volksmarathon damals, 1974, aus der Taufe hob. Am heutigen Mittwoch wird der ehemalige Sportmanager 80 Jahre alt.

Milde, zu Beginn der Berliner Marathongeschichte eigentlich „Mittelstreckler“, fiebert heute vom Streckenrand aus mit. Die Verantwortung für den Marathon als Race-Direktor des Veranstalters SCC-Running hat er 2004 abgegeben. Zuvor initiierte und entwickelte der gebürtige Berliner über Jahrzehnte hinweg die großen Laufveranstaltungen des SC Charlottenburg Berlin, neben dem Berlin Marathon auch den Halbmarathon, den Avon-Frauenlauf, die Team-Staffel oder die City-Night.

Schon bei der Geburtsstunde der breitensportlich angelegten Berliner Laufveranstaltungen gehörte Horst Milde zu den Initiatoren: Vom ersten Crosslauf am 8. November 1964 am Teufelsberg im Grunewald – damals noch als Student der Freien Universität Berlin – bis zu seinem Ausscheiden hat er mit seinem Organisationsteam in rund 40 Jahren gut 1,25 Millionen Menschen in 348 Veranstaltungen zum Laufen gebracht. Fünf Weltrekorde sah der Berlin-Marathon unter seiner Regie, darunter die bahnbrechenden Bestzeiten von Naoko Takahashi und Paul Tergat.

Noch heute hält ihn das Laufen fit

Die Japanerin blieb als erste unter 2:20 Stunden, der Kenianer durchbrach als erster die Barriere von 2:05 Stunden. Für sein Lebenswerk wurde Horst Milde vom internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) mit dem „Merit of Honour“ ausgezeichnet und erhielt das Bundesverdienstkreuz. Anfang 2004 übernahm sein Sohn Mark den Posten des Race-Direktors beim Berlin Marathon. Auch Horst Mildes Frau Sabine und die anderen beiden Kinder, Karsten und Gesine, haben jahrelang ehrenamtlich für die großen Berliner Läufe gearbeitet.

Als Leichtathlet startete Horst Milde, der aus Tempelhof stammt und noch heute dort wohnt, für den TSV Tempelhof-Mariendorf. Später wechselte er als Mittelstreckenläufer zum SCC Berlin und wurde mit der 3 x 1000-Meter-Staffel des Klubs zweimal Deutscher Meister (1964 und 1965). Über 800 Meter hatte Milde damals eine Bestzeit von 1:49,8 Minuten. Er lief selbst mehrmals Marathon, nicht nur in Berlin, sondern auch in New York, London, Boston und Wien. Seine Bestzeit liegt bei 3:42:00 Stunden. Noch heute hält er sich mit „Rennen“, wie er sagt, fit.

Beim ersten Lauf durchs Brandenburger Tor haben "alle geheult"

Milde ist nicht nur ein Förderer des Berliner Breitensports, er ist auch Konditor und Diplom-Kaufmann und übernahm als solcher die Konditorei Milde am Tempelhofer Damm. Das Familienunternehmen führte er in dritter Generation gemeinsam mit seiner Frau bis 1998. Das Büro in der Backstube wurde dabei zur Ideenfabrik für die Laufbewegung in Berlin und auch in Deutschland.

Für eine Reihe von wegweisenden Initiativen zeichnet Horst Milde mitverantwortlich – dazu zählt die Einführung der Deutschen Crosslauf-Meisterschaften und des Chip-Zeitmesssystems noch vor dessen offizieller Anerkennung. Aufgrund seines Vorschlages gab es bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 in Berlin eine Premiere: Die Marathon-Entscheidungen fanden auf einer Rundstrecke ausschließlich in der Innenstadt statt, bei der weder Start noch Ziel im Stadion lagen. Auch die Olympia-Veranstalter von London 2012 kopierten dieses Vorbild.

Zu den markantesten Erfolgen des Organisations-Genies Horst Milde zählen der erste Marathon durch die Berliner Innenstadt 1981 und der erste Marathon durch Ost und West noch wenige Tage vor der deutschen Einheit 1990. Letzterer war für ihn persönlich auch der emotionale Höhepunkt. „Wir haben alle geheult, als wir durchs Brandenburger Tor gelaufen sind.“ (mit teu)

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