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Gisela von der Aue: "Die Anklage hat sorgfältig gearbeitet"

Auf der Baustelle des neuen Gefängnisses in Großbeeren tut sich seit Monaten nichts und am Umgang der Justiz mit Mai-Randalierern gab es ebenfalls Kritik – Justizsenatorin Gisela von der Aue hat derzeit eine Menge Probleme zu lösen. Im Interview bezieht sie Stellung.

Von Fatina Keilani

Auf der Baustelle des neuen Gefängnisses in Großbeeren tut sich seit Monaten nichts, das Reformprojekt „Modesta“ für die elektronische Akte ist gescheitert, und am Umgang der Justiz mit Mai-Randalierern gab es ebenfalls Kritik –  Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) hat derzeit eine Menge Probleme zu lösen. Im Interview bezieht sie Stellung.

Frau von der Aue, der Bau des neuen Gefängnisses in Großbeeren steht still. Wie lange müssen Berlins Strafgefangene noch auf eine verfassungsgemäße Unterbringung warten?

Wir müssen wegen des Rechtsstreits, der über ein Vergabeverfahren geführt wird, von einer Bauverzögerung von mindestens drei Monaten ausgehen, die nicht mehr aufgeholt werden kann. Natürlich wollen wir, dass die neue Justizvollzugsanstalt so schnell wie möglich kommt, allein schon um die besonders kleinen Zellen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt Tegel nicht mehr belegen zu müssen. Um die Unterbringungsumstände dort abzumildern, haben wir bereits jetzt Veränderungen vorgenommen.

Welche?

Als erstes haben wir die Aufschlusszeiten deutlich ausgeweitet – auf bis zu knapp zehn Stunden am Tag. Vorher konnte ein Inhaftierter, der keine Arbeit hatte, auch fast 20 Stunden eingeschlossen sein. Außerdem arbeitet die JVA Tegel an einem Konzept, damit dort nur Gefangene mit kurzen Reststrafen untergebracht werden. Die Umsetzung des Urteils des Landesverfassungsgerichts bereitet uns schon organisatorische Schwierigkeiten. Auch deswegen sind wir darauf angewiesen, dass Heidering in Großbeeren so schnell wie möglich in Betrieb gehen kann.

Welches Fertigstellungsdatum halten Sie für realistisch?


Unterstellt man eine Bauverzögerung von fünf Monaten, können wir mit einer Fertigstellung von Heidering im Herbst 2012 rechnen.

Die Justiz hat auch an anderen Stellen Probleme – Stichwort Modesta. Das Programm für die elektronische Akte ist gescheitert. Dabei wurde stets beschworen, es werde, wenn es denn endlich fertig sei, „innovativ und richtungsweisend“ sein.

Das stimmt auch. Als wir Ende der neunziger Jahre über die Modernisierung unseres Registraturprogramms Asta nachdachten, stellten wir fest, dass in keinem anderen Land ein besseres Programm angewendet wurde. Wir haben dann beschlossen, allein Modesta zu entwickeln, weil kein anderes Land das Ziel der Einführung der elektronischen Akte verfolgte. Alle müssen an irgendeinem Punkt doch auf die Akte aus Papier zurückgreifen – das wollten wir nicht. Als im Frühjahr 2009 die Entwicklung von Modesta ins Stocken geriet, haben wir der Entwicklungsfirma ein Ultimatum gesetzt und im Oktober die Erkenntnis gewonnen, dass Modesta nicht weiter entwickelt werden sollte. Denn nun hatte auch der Mehr-Länder-Verbund Mesta die Möglichkeit geschaffen und sich das Ziel gesetzt, die elektronische Akte einzuführen. Da haben wir beschlossen, diesem Verbund beizutreten und Modesta fallen zu lassen. Das ist immer noch deutlich kostengünstiger.

Was hat Modesta denn bisher gekostet?

Wir haben 8,5 Millionen Euro ausgegeben, davon 1,3 Millionen für Lizenzkosten – die sind natürlich weg. Andere Kosten sind nicht verschwendet, zum Beispiel, was an Ideen für den Aufbau der Akte und für Formulare entwickelt wurde. Aber das ist schwer zu beziffern.

Und was kostet das neue System Mesta?

Das wissen wir noch nicht so präzise. Aber da wir es im Verbund mit anderen machen, müssen wir nur elf Prozent der Gesamtkosten für die Entwicklung und Pflege tragen.

Aus Ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des grünen Abgeordneten Dirk Behrendt zum Neuköllner Modell der beschleunigten Verfahren im Jugendstrafrecht geht hervor, dass die Dauer dieser Verfahren sich verlängert hat und dass die Zahl der Verfahren gesunken ist. Woran liegt das? Das Gegenteil sollte doch erreicht werden.


Die Anzahl der Verfahren hängt davon ab, ob geeignete Fälle für das beschleunigte Verfahren bei der Polizei vorliegen. Im Übrigen ist es ein Erfolg, dass solche Verfahren innerhalb von drei Wochen abschließend bearbeitet werden können.

Kritik gab es kürzlich am Umgang von Justiz und Polizei mit Rigo B. und Yunus K., die monatelang als mutmaßliche Mai-Randalierer in U-Haft saßen und dann plötzlich freigelassen wurden. Hat es hier Ermittlungspannen gegeben? Wie beurteilen Sie diesen Vorgang?


Nach meiner Kenntnis hat die Staatsanwaltschaft zügig und sorgfältig gearbeitet. Ansonsten hätte kein Richter Untersuchungshaft angeordnet. Auch das Gericht hatte ja schon einige Zeit verhandelt, bevor es zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Beweissituation weitere Untersuchungshaft nicht mehr rechtfertige. Als Senatorin für Justiz nehme ich keinen Einfluss auf Verfahren. Richter sind in ihrer Rechtsprechung von Verfassungs wegen unabhängig.

Das Gespräch führte Fatina Keilani

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