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Berlin: Die BVG will ein zeit- und streckenabhängiges Tarifsystem testen und ruft die Kritiker auf den Plan

Erhöht die BVG mit Hilfe des elektronischen Tickets ihre Preise durch die Hintertür? Das befürchten der Berliner Fahrgastverband sowie mehrere Arbeitsloseninitiativen und Gewerkschaftsgruppen, seit Überlegungen der Verkehrsbetriebe bekannt wurden, bei einem zweiten Versuch mit dem "E-Ticket" auch strecken- und zeitabhängige Tarife zu testen.

Erhöht die BVG mit Hilfe des elektronischen Tickets ihre Preise durch die Hintertür? Das befürchten der Berliner Fahrgastverband sowie mehrere Arbeitsloseninitiativen und Gewerkschaftsgruppen, seit Überlegungen der Verkehrsbetriebe bekannt wurden, bei einem zweiten Versuch mit dem "E-Ticket" auch strecken- und zeitabhängige Tarife zu testen. Dabei würde der Fahrpreis kilometer- und minutengenau berechnet. Kurze Strecken wären dann möglicherweise noch günstiger als beim jetzigen Kurzstreckentarif, doch lange Wege könnten sich erheblich verteuern. Die jetzigen starren Entfernungszonen würden in jedem Falle wegfallen.

Zugleich sind offenbar flexible Preise je nach Tageszeit im Gespräch. In der Hauptverkehrszeit wäre ein Fahrschein dann teurer als am Abend.

Wie berichtet, wird das "E-Ticket" seit Oktober vergangenen Jahres von rund 27000 BVG-Kunden auf mehreren U-Bahn- und Busstrecken getestet. Das Ticket ist groß wie eine EC-Karte und enthält einen Chip, der sich mit einem Geldbetrag nach eigener Wahl aufladen lässt. Beim Ein-und Aussteigen müssen die Tester ihre Karte durch ein Lesegerät ziehen, das jeweils einen Fahrpreis nach den jetzigen Tarifbestimmungen abzieht. Bisher werden aber noch keine echten Geldbeträge verrechnet, der gesamte Test ist fiktiv.

Aus Sicht der BVG hätte dieses System mehrere Vorteile. Gelegenheitsfahrer, die ihren Chip mit 50 oder 100 Mark aufladen, bräuchten sich nicht mehr um die komplizierten Tarife zu kümmern. Darüber hinaus lässt sich die aktuelle Auslastung verschiedener Strecken dank der Elektronik präzise überwachen. Die Leitstelle könnte schneller als bisher reagieren und den Betrieb eventuell verstärken. Und schließlich ermöglicht ein E-Ticket äußerst flexible Fahrpreise je nach gefahrener Zeit und Strecke, was aus Sicht der BVG mehr Tarifgerechtigkeit bringt. Jeder müsse dann nur die Strecke und Zeit bezahlen, die er tatsächlich gefahren sei, heißt es. Doch hier melden sich die Kritiker zu Wort.

Sie befürchten, dass die Preisgestaltung bei einem Elektronik-Fahrschein undurchsichtig wird. Als Fahrgast könne man kaum nachvollziehen, wie sich der jeweilige Preis aus der Spanne von Zeit und Entfernung errechne. Die Verkehrsbetriebe könnten dieses undurchschaubare Tarifsystem zu versteckten Preiserhöhungen nutzen.

Für BVG-Sprecher Klaus Watzlak sind solche Ängste "aus der Luft gegriffen." Bisher steht nach seinen Worten noch nicht einmal fest, ob das E-Ticket überhaupt verwirklicht wird. Die erste Testphase sei allerdings gut gelaufen. Nach ihrem Abschluss am kommenden Sonnabend soll nun möglicherweise eine zweiter Test mit strecken- und zeitabhängigen Tarifen beginnen. Genaue Angaben gibt es noch nicht. Sollten die weiteren Versuche befriedigend verlaufen, könnte der elektronische Fahrschein frühestens im Jahre 2003 in Berlin und Brandenburg eingeführt werden.

CS

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