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„Die satanischen Verse“: Berliner Literaturfestival ruft zu weltweiter Lesung für Salman Rushdie auf
In Cafés, Parks oder in der U-Bahn sollen Menschen am 29. September aus Werken von Salman Rushdie vorlesen. Recht und Menschenwürde müssten verteidigt werden.
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Das Internationale Literaturfestival in Berlin ruft zu einer weltweiten Lesung für den Schriftsteller Salman Rushdie auf. Der Autor war vergangene Woche angegriffen und schwer verletzt worden. „Der Mordanschlag auf Salman Rushdie sitzt uns noch tief in den Knochen“, teilte Festivaldirektor Ulrich Schreiber am Mittwoch mit. Das Festival ruft nun dazu auf, am 29. September aus Rushdies Werken vorzulesen. Die Lesungen könnten überall stattfinden – etwa in Cafés, Parks oder der U-Bahn, aber auch privat im kleinen Kreis.
„Mit der Lektüre seiner Romane und Essays können freiheitsliebende Menschen in aller Welt ein Zeichen setzen, dass sie sich von Gewaltandrohungen nicht einschüchtern lassen und sich keinem Versuch beugen, Gedanken in Wort, Schrift und Bild zu unterdrücken oder auszulöschen“, hieß es in dem von zahlreichen Schriftstellerinnen und Schriftstellern unterzeichneten Aufruf.
Er richtet sich an Einzelpersonen, Schulen, Universitäten, Kulturinstitutionen und Medien gleichermaßen. Neben dem Roman „Die satanischen Verse“, der 1989 zu einem Mordaufruf durch den Ajatollah Khomeini führte, könne auch aus Büchern wie „Mitternachtskinder“, „Joseph Anton“, „Sprachen der Wahrheit“ oder „Victory City“ rezitiert werden.
„Auch wenn die konkreten Hintergründe des Attentats und das Motiv des Täters noch nicht geklärt sind, scheint klar, worauf sie vermutlich zurückgehen: auf die Fatwa, die der iranische 'Revolutionsführer' Ajatollah Khomeini 1989 gegen Rushdie erlassen hat“, hieß es in dem Aufruf. „Bis heute hat das iranische Regime den Aufruf zur Ermordung des Autors nicht zurückgenommen, ebenso wenig wie das Kopfgeld, das es damals auf ihn ausgesetzt hatte. Die wichtigen Medien im Iran applaudieren derzeit dem Attentäter.“
„Bedrohung der Menschenrechte und Freiheiten virulent“
Die Annahme, dass mehr als drei Jahrzehnte nach der Fatwa keine Gefahr mehr für Rushdie bestehe, habe sich „durch das blutige Attentat in New York auf schockierende Weise als trügerisch erwiesen“.
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Für die Unterzeichnenden steht das Attentat für ein generelles Problem. „Es macht deutlich, dass die Bedrohung der elementaren Menschenrechte und Freiheiten virulent ist“, hieß es. „Der Anschlag auf Rushdie fällt in eine Zeit, in der die demokratische Welt von immer aggressiveren autoritären Mächten unterschiedlichster Prägung in die Defensive gedrängt, wenn nicht – wie in der Ukraine – durch offenen Krieg und ein unglaubliches Ausmaß an Gewalt mit Tod und Zerstörung überzogen wird“, hieß es weiter. „Es ist daher dringend geboten, entschlossen aufzustehen und Recht und Menschenwürde zu verteidigen.“
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Die Autorin Madame Nielsen schlage vor, bis 29. September überall im öffentlichen Raum „Die satanischen Verse“ bei sich zu tragen - „dass wir das Buch überall aufschlagen und lesen, in Cafés, Parks und der U-Bahn“, teilte Festivaldirektor Schreiber zudem mit.
Das Internationale Literaturfestival in Berlin hatte in der Vergangenheit beispielsweise auch zu einer Lesung für die Opfer der Pandemie aufgerufen. Die nächste Festivalausgabe ist im September in Berlin geplant. (Tsp, dpa)
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