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Wer hat das Die? Das Gebäude des alten Diesterweg-Gymnasiums an der Putbusser Straße verfällt seit Sommer 2011.

© Johannes Ehrmann

Brunnenviertel: Was passiert mit dem Ex-Gymnasium?: Die, School, Die

Seit Sommer 2011 verfällt das ehemalige Gebäude des Diesterweg-Gymnasiums mitten im Brunnenviertel. Gibt es Pläne mit dem Objekt? Wenn ja, welche? Antworten von Bezirksstadtrat Carsten Spallek, der hier selbst zur Schule ging.

Eigentlich, so denkt man sich, müsste es dem Bezirksstadtrat doch ein persönliches Anliegen sein, schließlich geht es ja um seine alte Schule. Ja, richtig, 1992 machte Carsten Spallek (CDU), Baustadtrat des Bezirks Mitte, am Ranke-Gymnasium Abitur, damals beheimatet in ebenjenem Bau zwischen Putbusser und Swinemünder Straße, der seit Sommer 2011 auf einen neuen Nutzer wartet und langsam vor sich hin modert.

Doch nein, keine Chance, wiegelt der Politiker gleich ab, „wir entscheiden nur nach fachlichen Gesichtspunkten.“ Und bleibt ganz im sachlichen Ton des Volksvertreters. Job ist eben Job, und Abi ist Abi.

Eine Schule steht also im Viertel und schult nicht mehr. Grau und schief hängen die Jalousien vor den staubblinden Fenstern des ehemaligen Diesterweg-Gymnasiums, so hieß es, bis es vor zweieinhalb Jahren wieder zurück an den alten, renovierten Standort an der Böttgerstraße zog, Lehrer, Schüler, allesamt, nur die Hülle blieb, ein leerer Quader. Klotzwerk Orange.

Neue Botschaften über Schülerhänden: Außenwand des alten Diesterweg-Gymnasiums im Brunnenviertel.
Neue Botschaften über Schülerhänden: Außenwand des alten Diesterweg-Gymnasiums im Brunnenviertel.

© Johannes Ehrmann

Schauen wir uns doch schnell noch ein wenig um, hier stört man keinen. Nur die Turnhalle wird ja noch benutzt, an manchen Abenden kann man als Passant auf der Putbusser das Quietschen von Basketballschuhen hören und die Rufe der Sportler. Ansonsten weht das Laub um die kalten Wände, übrig von den Schülern sind nur ihre Namen, Moritz, Vera, Laura, Fatine und Sharyn, Songül und Osamah, Nov. 2006, so steht es da, im Kasten der Wandmalerei, und zwei Manga-Mädchen darüber. Und an eine der Seitenwände hat jemand über die bunten Abdrücke Hunderter Kinderhände ein einziges Wort gemalt: Ekel.

Abreißen oder sanieren? Beides ist teuer

Dem alten Namen haben sie außerdem den Anfang geklaut. „Sterweg-Gymnasium“ steht nur noch schräg über dem Eingang. Wer weiß, wo das „Die“ hin ist. Vielleicht hat es sich irgendein Nachwuchs-Gangster ins Kinderzimmer gehängt. Vielleicht als Teil einer Collage: Die, School, Die. Oder so.

Aber zurück zum Wesentlichen: Was passiert mit dieser Schule und der ihr früher angeschlossenen Stadtteilbibliothek, beide ausrangiert in verkehrsberuhigter Lage?

Zwei Nutzungsideen, sagt Carsten Spallek, gebe es derzeit. Erstens: Eine Wohnungsbaugesellschaft reiße ab und baue komplett neu. Zweitens: Der Bau bleibe zum Teil erhalten, werde von einer (noch zu gründenden) Genossenschaft zurückgebaut, vielleicht zu einer Art Stadtteilzentrum oder ähnlichem, und durch Wohnbauten ergänzt. Die Turnhalle bleibe dann erhalten. Der Bezirk Mitte, macht Spallek klar, tendiere zu Variante zwei: „Die finden wir gut und spannend.“

Das alte Diesterweg-Gymnasium: Eingang von der Swinemünder Straße.
Das alte Diesterweg-Gymnasium: Eingang von der Swinemünder Straße.

© Johannes Ehrmann

Teuer sind beide Varianten, schon alleine deshalb, weil in dem 70er-Jahre-Bau unter anderem als problematisch eingestufte Mineralfasern verbaut sind, Wände und Decken sind betroffen, die fachgerechte Entsorgung koste eine Millionensumme, so Spallek. Was wiederum einer der Gründe dafür ist, warum sich noch kein neuer Nutzer gefunden hat, und das Land Berlin hat das nötige Kleingeld dafür nicht. Nun, sagt Spallek, gebe es zumindest für jede der beiden Varianten einen konkreten Interessenten. Bei einem von ihnen dürfte es sich um die bereits stark im Brunnenviertel vertretene Degewo handeln.

Wann jedoch eine Entscheidung fällt, ist im Moment noch nicht klar. "Eine Zeitschiene habe ich nicht", sagt Spallek, man prüfe derzeit die weitere Vorgehensweise. Eine Chance, dass auch unter neuen Nutzern den Anwohnern eine vom Quartiersmanagement dringend geforderte Stadtteilbibliothek zur Verfügung stehen würde, gibt es jedoch nur, falls die zweite Variante, also die teilweise Erhaltung des alten Schulgebäudes, realisiert wird – aber auch dann ist sie keinesfalls sicher. Nur eins steht fest, sagt Carsten Spallek: „Eine Weiternutzung als Schule können wir ausschließen.“

Und so wird es noch eine Weile dauern, bis etwas passiert zwischen Swinemünder und Putbusser Straße. Einstweilen wird das Laub noch ein bisschen um die vermoosten Ecken fegen und die beiden Fahnenmasten vor der Eingangstreppe werden kahl nach oben ragen, vor dieser Schule, die keinen mehr schult.

Dieser Artikel erscheint im Wedding Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegel.

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