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Gesche Grützmacher (l.), Chefin der Wasserversorgung, und Forschungsleiterin Regina Gnirß stellen mit dem „Sickerschlitz“ ein neues Verfahren zur Grundwasseranreicherung vor.

© dpa/Jens Kalaene

Die „Sickerschlitz“-Methode: Berliner Wasserbetriebe kämpfen um jeden Liter Grundwasser

Woher bekommt Berlin in Zukunft sein Trinkwasser? Im Zwischenpumpwerk Johannisthal testen die Wasserbetriebe ein neues Verfahren, um den Grundwasserspiegel zu erhöhen. 

Von Luis Brückner

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Berlin lebt von seinem Grundwasser, gleichzeitig werden die Reserven seit Jahren systematisch übernutzt, wie der BUND zuletzt wieder in seiner Grundwasserstudie feststellte. Das Projekt „TrinkWave“, an dem die Wasserwerke auf dem Gelände des ehemaligen Werks in Johannisthal forschen, nutzt ein neues Verfahren, um Grundwasser anzureichern. Dabei wird anders als bei den bisherigen Methoden wesentlich weniger Platz verbraucht.

„Wir müssen uns darauf einstellen, wenn wir die Wasserressourcen Berlins nutzen wollen, dass wir Speichermöglichkeiten schaffen“, umreißt die Chefin der Wasserversorgung, Gesche Grützmacher, die Zielsetzung des Projekts. So sei es wichtig, in regenreichen Zeiten das Grundwasser anzureichern, um es in trockenen Zeiten als Speicher nutzen zu können.

Die neue Methode hat einen Größenvorteil

Kurz bevor das Wasser in den sieben Meter tiefen Schlitz sickert, wird es hier aufbereitet. Forschungsleiterin Regina Gnirß, erklärt die Funktionsweise.

© dpa/Jens Kalaene

Laut den Wasserbetrieben wird in einer ersten Stufe das bereits einmal durch die Gesteinsschichten gefilterte Grundwasser nahe des Teltow-Kanals entnommen. Vor der Einleitung in den Sickerschlitz bereite man das traditionell eisen- und manganhaltige Berliner Grundwasser kurz auf, anschließend werde es im Schlitzgraben versickert.

Der Schlitz selbst ist 25 Meter lang und nicht mehr als einen Meter breit – geht jedoch sieben Meter tief in die Erde. Dort laufe das aufbereitete Wasser in den mit Kies gefüllten Schacht hinunter. Dabei behalte es seinen Sauerstoffgehalt und halte die Mikroorganismen am Leben, die im Folgenden weitere Spurenstoffe beseitigen.

„Es ist ein Abwägungsprozess“, erklärt Grützmacher: die neue Technologie spare Platz, auch wenn das Wasser die besondere Vorbehandlung brauche. Die Sickerschlitze könnten perspektivisch die großen Becken ersetzen, die die Wasserwerke in Tegel und Spandau zur Grundwasseranreicherung betreiben. Auch wenn in der Pilotphase die Betriebskosten noch nicht klar seien, lasse sich durchaus erwarten, dass sich die Technik allein durch die Flächeneinsparung lohne.

Blick auf den Sickerschlitz ohne Abdeckung: Aus dem schwarzen Rohr läuft das Wasser heraus und sickert sieben Meter in die Tiefe.

© Luis Brückner

„Für ein Land wie Berlin ein riesiger Vorteil“, betont Grützmacher. Schon heute ist ein Viertel des Berliner Stadtgebiets Wasserschutzgebiet, außerdem verlieren die großen Anreicherungsbecken rund ein Drittel bis die Hälfte ihres Wassers allein durch Verdunstung.

Das Projekt ist drei Millionen Euro teuer, neben den Wasserbetrieben Berlin sind auch die TU München, die Universität Oldenburg und das private Unternehmen BGS beteiligt. Der Kostenanteil, den die Wasserwerke tragen, beläuft sich auf eine Million Euro und wird zur Hälfte vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt getragen.

Der Unterschied nach der letzten Filterungsstufe zeigt sich nur noch im Labor: Nach der Probenentnahme überprüfen die Wasserwerke die Qualität genau.

© dpa/Jens Kalaene

Forschungschefin Regina Gnirß, die mit der Überwachung der Ergebnisse betraut ist, zeigt sich zufrieden: „Wir haben das, was wir erwartet haben, erfüllt“. Es sei möglich, mit diesem Verfahren sauberes Trinkwasser zu gewinnen.

Der vor zwei Jahren errichtete Sickerschlitz setze heute zehn Kubikmeter Wasser pro Stunde um und es gelinge, so erklärt Gnirß, das Wasser so zielgerichtet versickern zu lassen, so dass man es am Ende ohne Verluste wieder am Brunnen entnehmen könne. Die Forschungschefin überprüft im Rahmen des Pilotprojekts die Qualität des Wassers und den Einfluss auf den Grundwasserspiegel.

Perspektivisch sei man bereit, auch größere Mengen an Wasser untertage zu befördern, dort zu belassen und damit den Bestand an Grundwasser auch tatsächlich zu erhöhen. Statt – wie bisher noch – Grundwasser zu verwenden, werde der Wasserinput dann auf Fluss- und Oberflächenwasser ausgeweitet. In der aktuellen Testphase gelange das Grundwasser aber noch zurück in den Kanal, es fließe nicht ins Netz.

Gnirß (l.) und Grützmacher bei der Probenentnahme: Das Wasser geht aktuell noch zurück in den Kanal – das Konzept aber bald schon in Serie.

© dpa/Jens Kalaene

Berlins „Masterplan Wasser“ als grundlegendes Zukunftskonzept hat die Bedeutung des Grundwasserspeichers erkannt – er sieht die Ausweitung der Grundwasseranreicherung vor. Das hier getestete Verfahren kann dazu beitragen.

Im Laufe des nächsten Jahres lägen die Ergebnisse des Projekts vor, „dann werden wir Standorte identifizieren, wo so etwas Sinn macht“, erklärt die Chefin der Wasserversorgung Grützmacher. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre, so hofft sie, könne das Verfahren auch etwa im Tegeler oder Köpenicker Forst Anwendung finden.

Gnirß ist es wichtig, bei dem Vorhaben von „Planungsoption“ zu sprechen, „es ist wichtig, dass wir da offen rangehen“. Langfristiges Ziel: den Grundwasserspiegel erhöhen – und so die Trinkwasserversorgung der Hauptstadt sichern.

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