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Fahrradboxen in Lichtenberg

© dpa

Fahrradstellplätze in Lichtenberg: Digitale Parkboxen sollen Diebstahl verhindern

In Berlin werden so viele Fahrräder geklaut wie seit Jahren nicht. Ein neues Startup hat nun in Lichtenberg eine Lösung präsentiert.

Von Ronja Ringelstein

Seit Jahren klettern die Zahlen auf der Skala weiter nach oben: Mit 32.244 angezeigten Fahrraddiebstählen ist 2015 allerdings ein Rekordjahr in der Kriminalstatistik verzeichnet worden. „Es handelt sich um den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre“, konstatiert die Polizei. Das läge daran, dass das Fahrrad als urbanes Verkehrsmittel immer beliebter wird.

Allein im letzten Jahr stieg die Zahl der Diebstähle um 1486 Fälle, also um 4,8 Prozent. Um die Fahrräder in der Stadt sicherer zu machen, müsse man vor allem mehr sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an ÖPNV-Knotenpunkten schaffen, findet Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus. Dort wird das Thema heute in einer Aktuellen Stunde behandelt. Die Politik steht ebenfalls unter Druck wegen einer Initiative für einen Volksentscheid zum Radverkehr.

Ein erster Schritt für mehr Sicherheit zumindest für abgestellte Räder wurde am Mittwoch am Bahnhof Lichtenberg gemacht. An diesem grauen Nachmittag stach das giftgrüne Rondell der „velo easy“-Box auf dem Bahnhofsvorplatz ins Auge. Dort können zehn Fahrräder und E-Bikes in einzelnen Kabinen „geparkt“ werden. So sollen die Räder vor Diebstahl, Vandalismus und Witterung geschützt sein. Gründerin Claudine Oldengott nennt diese Garage „Fahrradständer 4.0“. Statt eines massiven Schlosses sichert das Smartphone eine Aufbewahrung.

Mit der „velo easy“-App kann der Nutzer sich und sein Fahrrad registrieren. Auf einer Karte werden alle verfügbaren Rondelle in der Nähe angezeigt. Die gewünschte Box kann dann aus der Ferne gebucht werden. Sobald die Bestätigung in der App angezeigt wird, kann die Kabine geöffnet und das Fahrrad abgestellt werden. Eine Stunde kostet aktuell einen Euro, wer sein Fahrrad gleich einen ganzen Tag abstellen will, zahlt drei Euro. „Wir arbeiten gerade an einer Monatskarte, die soll dann 15 bis 20 Euro kosten. Das ist für Pendler attraktiv“, so die Gründerin weiter.

Fahrradboxen Lichtenberg
Die Räder werden in die Boxen gehängt.

© Mouhamed Müller

Große Hilfe für den Bezirk

Die Idee zu den grünen Boxen kam Claudine Oldengott, die in London International Business studierte, aus eigener Erfahrung. „Mein Fahrrad wurde mir selbst oft gestohlen“, sagt sie „und wenn nicht, dann wurde mir der Sattel abgeschraubt. Da habe ich mir irgendwann überlegt, wie man Abstellplätze verlässlicher machen kann.“ Lichtenberg nahm ihren Lösungsansatz dankbar an und kam der jungen Unternehmerin entgegen: „Wir finden so ein junges Startup unterstützenswert“, sagt Marc Kamin, der als Koordinator für Bürgerinformation an einem Mobilitätskonzept für Lichtenberg arbeitet. Die Firma muss für das Aufstellen der Boxen nichts zahlen, selbst bei Gewinn ist keine Pacht fällig. „Das ist unser Beitrag für Kriminalitätsprävention im Bezirk“, sagt Kamin weiter.

Diese Kriminalitätsprävention ist gerade in Lichtenberg notwendig. Neben einer weiteren Box in Lichtenberg wird bald das erste Abstellmodell am Bahnhof Karlshorst eingeweiht. Laut Polizei liege dort ein Schwerpunkt in Sachen Fahrraddiebstahl, da „der Bahnhof durch die Baumaßnahmen zurzeit sehr schlecht einsehbar ist“. Auch seien in Karlshorst grundsätzlich nicht genügend Stellplätze vorhanden.

Noch nicht für alle Smartphones nutzbar

Nach den drei Stationen im Bezirk Lichtenberg peilt Bezirksstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) Rondelle am Südkreuz an. Das Team von „velo easy“ würde „natürlich am liebsten deutschlandweit“ expandieren. Ein paar Elemente fehlen aber noch: Ohne Smartphone kann man den Dienst zurzeit nicht nutzen, Radler mit iPhone müssen sich mindestens acht Wochen gedulden, bis die App verfügbar ist. Auch eine Website folgt in den kommenden Wochen. Und vielleicht sinkt ja bald tatsächlich auch die Diebstahlquote hier.

„Beim Thema Fahrraddiebstahl kann man relativ schnell sehr viel bewirken“, sagt Grünen-Politiker Gelbhaar. Die schlechte Aufklärungsquote der Diebstähle durch die Polizei ist statistisch jedenfalls ein Rekord. Mit 3,9 Prozent im Jahr 2015 ist sie so niedrig wie nie seit 2006. Ein Phänomen, bei dem man schnellstens ansetzen sollte, finden die Grünen. Die Einrichtung einer Sonderkommission bei der Polizei könne schnell helfen, sagt Gelbhaar. Eine solche Kommission hatte Andreas Baum von den Piraten bereits vor einem Jahr gefordert.

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