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Berlin: "Don Giovanni": Nur keine schönen Bilder

Wer die Berliner Opernregisseurin Sandra Leupold zur Weißglut treiben möchte, der bedanke sich bei ihr nach dem Besuch einer ihrer Inszenierungen mit den Worten "Schöne Bilder und wirklich schöne Kostüme". Da kann sie richtig wütend und stur werden, so stur etwa, wie als kleines Kind, das sich auf den Küchentisch stellte und nicht eher hinunterstieg, bis die Mutter ihr versprach, sie Geige lernen zu lassen.

Wer die Berliner Opernregisseurin Sandra Leupold zur Weißglut treiben möchte, der bedanke sich bei ihr nach dem Besuch einer ihrer Inszenierungen mit den Worten "Schöne Bilder und wirklich schöne Kostüme". Da kann sie richtig wütend und stur werden, so stur etwa, wie als kleines Kind, das sich auf den Küchentisch stellte und nicht eher hinunterstieg, bis die Mutter ihr versprach, sie Geige lernen zu lassen. Die eigenen Vorstellungen durchsetzen und sich nicht von Widrigkeiten entmutigen lassen, das hat sie auch für ihre neueste Inszenierung von "Don Giovanni" vorgenommen, die noch heute und wieder am 18. und 19. September in der Kulturbrauerei zu sehen ist.

Ursprünglich war die Produktion für ein süddeutsches Opernfestival geplant, doch nach einem Eklat mit der Festivalleitung entschlossen sich die Regisseurin und die acht Sänger und Sängerinnen, das Projekt auf eigene Faust nach Berlin zu bringen, mit vielen Ideen im Kopf, aber ohne Etat und Vertrag. In einer Autobahngaststätte wurden die ersten Pläne geschmiedet und umgesetzt: Die Freimaurer stellten einen Probenraum zur Verfügung, die Haftanstalt Tegel druckte die Programme und Plakate. Neben der Probenarbeit wurden die Künstler auch schon mal zum Kopieren oder Handzettelverteilen eingespannt. Als Dank für die vielseitige Unterstützung wurde "Don Giovanni" in der Haftanstalt gezeigt.

Das klassische Repertoire hat sich die 32-Jährige in ungewöhnlicher Weise erobert: Mit Gregorianik und John Cage konnte sie früher viel mehr anfangen als mit den bekannten Klassikern. Es ist wohl Hans Neuenfels zu verdanken, dass Sandra Leupold den Weg zur Oper gefunden hat. Mit 17 hospitierte sie in seiner Skandal-Inszenierung von Zimmermanns "Die Soldaten". Ein Studium der Musikwissenschaft bei Carl Dahlhaus an der TU Berlin brach sie kurz vor dem Abschluss ab, um Opernregie in Hamburg zu studieren. Schon nach vier Wochen wechselte sie zur Hochschule für Musik "Hanns Eisler". Bei Ruth Berghaus und Peter Konwitschny fand sie die kontroversen Diskussionen, die ihr in Hamburg gefehlt hatten. Seit dem Studienabschluss vor gut drei Jahren begleiten beeindruckende Namen den Lebenslauf Sandra Leupolds: So arbeitete sie unter George Tabori und Sir Simon Rattle.

"Don Giovanni" wollte sie sich eigentlich für die Zeit aufheben, wenn sie sich groß und erwachsen fühlt, doch ist sie in ihrer Inszenierung ihrem Operncredo treu geblieben: "Skandal und Leidenschaft bedingen sich. Wahre Leidenschaft schließt aus, dass der Opernabend gefällig wird. Schönheit ist für mich keine Kategorie, es sind starke und wahre Beziehungen zwischen Menschen, die mich faszinieren." Sandra Leupold bringt genau das auf die Bühne, nicht nur schöne Bilder.

Henrik John Hohl

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