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Der Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh im Juli 2017 aus Berlin entführt und nach Vietnam verschleppt.

© Reuters

Aus Berlin entführter Vietnamese: Fast vier Jahre Haft für Gehilfen der Kidnapper

Im Fall des Geschäftsmannes Trinh Xuan Thanh wurde ein Helfer verurteilt. Laut dem Gericht sei zu befürchten, dass die Organisatoren nicht zur Verantwortung gezogen werden können.

Der Agentenkrimi um die Entführung des Vietnamesen Trinh Xuan Thanh aus Berlin endet für einen Gehilfen in Haft. Drei Jahre und zehn Monate Gefängnis verhängte das Kammergericht am Mittwoch. Der 47-jährige Long N. H. habe unter anderem das Entführungsauto in Prag angemietet und zu den Kidnappern gebracht. Er sei der geheimdienstlichen Agententätigkeit und der Beihilfe zur Freiheitsberaubung schuldig. In Kenntnis der kriminellen Pläne habe er sich an einer Operation des Geheimdienstes seines Heimatlandes beteiligt.

Wieder saß der Angeklagte mit gesenktem Kopf und regungslos vor den Richtern. Als ginge ihn der Fall, den er kürzlich überraschend gestanden hatte, nichts an. Tatsächlich ist der Vietnamese, der zuletzt in Prag eine Geldwechsel-Stube betrieb, nicht einer der Drahtzieher. Ein Weisungsempfänger sei er gewesen.

„Wie ein Krimi aus Zeiten des Kalten Krieges“

„Er gehörte nicht zur obersten Kommandoebene“, sagte Richterin Regine Grieß. Es stehe zu befürchten, dass die Organisatoren nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Weil sie sich in Vietnam aufhalten oder diplomatische Immunität genießen.

Ein beispielloser Vorfall in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sei es gewesen, so das Gericht. „Wie ein Krimi aus Zeiten des Kalten Krieges.“ Eine Operation unter eklatantem Verstoß gegen das Völkerrecht. 

Trinh Xuan Thanh, einst Vorstandschef eines staatlichen Baukonzerns und geachteter Parteifunktionär, war im August 2016 aus seiner Heimat nach Deutschland geflohen. Weil Vorwürfe der Korruption gegen ihn erhoben worden waren. Er selbst sieht sich als Opfer eines Machtkampfes innerhalb der kommunistischen Staatsführung. Die vietnamesische Führung wollte dann eine Auslieferung erreichen. Doch man scheiterte auf offiziellem Weg.

 Spinnenartiges Netz von Personen

„Der vietnamesische Geheimdienst plante die gewaltsame Ergreifung und Rückführung von Trinh Xuan Thanh“, so die Richter. Ein vietnamesischer Zwei-Sterne-General sei für die Koordinierung eingesetzt worden. Eine europaweite Operation. „Ein spinnenartiges Netz von Personen wurde zusammengestellt.“

Die Entführer schlugen am 23. Juli 2017 zu. Trinh Xuan Thanh, genannt TXT, und seine 28-jährige Geliebte waren gerade auf einem Spaziergang, als an der Hofjägerallee ein Auto mit tschechischem Kennzeichen neben ihnen hielt. Das Paar wurde in einen Multivan gezogen. Die Fahrt ging laut Ermittlungen in die vietnamesische Botschaft und später nach Vietnam.

Der Fall sorgt für diplomatische Spannungen. In zwei Verfahren wurde TXT Anfang 2018 zu je lebenslanger Haft verurteilt. Rechtsstaatswidrig, so die Berliner Anwältin des Ex-Managers. Am Rande des Prozesses um seine Entführung war von politischen Bemühungen um seine Freilassung die Rede. Das Freihandelsabkommen mit der EU, auf das Vietnam drängt, könnte dabei eine Rolle spielen.

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