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Berlin: Friedrichshain-Kreuzberg: Mit ganz neuem Wir-Gefühl

Alles wird gut, oder zumindest besser. So könnte das Fazit der Jahrespressekonferenz des Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksamts am Dienstag lauten, bei der die sechs Stadträte von PDS, CDU, SPD und Grünen ihre "Leitziele" für den neuen Bezirk verkündeten - und auf eitel Sonnenschein machten.

Alles wird gut, oder zumindest besser. So könnte das Fazit der Jahrespressekonferenz des Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksamts am Dienstag lauten, bei der die sechs Stadträte von PDS, CDU, SPD und Grünen ihre "Leitziele" für den neuen Bezirk verkündeten - und auf eitel Sonnenschein machten. "Wir werden nicht in Harmonie entarten", stellte zwar Bärbel Grygier (parteilos, für PDS) klar. Doch die Bezirksbürgermeisterin präsentierte sich ebenso gut gelaunt wie die neben ihr sitzenden Stadträte. Vom Untergang der Demokratie, den die West-CDU anlässlich der Wahl der Bürgermeisterin aus PDS-Reihen im vergangenen Jahr prophezeite, ist nichts zu spüren. Angesichts der gewaltigen Probleme, die der Ost-West-Bezirk zu bewältigen hat - viele Arbeitslose, viele Sozialhilfeempfänger, viele Ausländer, wenig Geld -, solle nun aus der Zwangsehe eine Vernunftehe werden, heißt es in einem "Konsenspapier". Ein gemeinsames Image müsse her, um den Bewohnern des vereinten Bezirks "Zusammengehörigkeitsgefühl" zu ermöglichen.

"In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es nicht nur Armut", sagte Grygier. Beide Ortsteile verfügten über eine bunte und lebendige Kulturszene. Man wolle "von der Kreuzberger Mischung zur Friedrichshain-Kreuzberger Vielfalt", ergänzte der stellvertretende Bürgermeister Michael Schäfer (CDU). Deshalb möchte er als Finanzstadtrat - man ahnt es - mehr Geld, um der "Verwahrlosungstendenz" entgegen zu wirken. Für die Erhaltung öffentlicher Gebäude stünden nur elf Millionen Mark zur Verfügung. "Wir bräuchten über 50 Millionen", sagte Schäfer.

Die Jugend- und Familienstadträtin Cornelia Reinauer (PDS), legte ihre Priorität auf die Schaffung von Ausbildungsplätzen. Ein Jugendbüro, eine Jobbörse und Internetcafés sind geplant. Nicht nur die Arbeitslosigkeit ist enorm, auch die Freiflächen im Bezirk sind gigantisch. Franz Schulz, bündnisgrüner Stadtrat für Stadtentwicklung und Bauen, will das 80 Hektar große Gelände am Gleisdreieck und das rund 350 Hektar große Gebiet beiderseits der Spree zu einer "künftigen Stadt" und einem Wirtschaftsstandort entwickeln. Zum Vergleich: Der Potsdamer Platz entstand auf 7,8 Hektar Fläche.

Die Schaffung zweier weiterer Bürgerämter am Ostkreuz und im einstigen SO 36 wird den SPD-Mann Lorenz Postler beschäftigen. Der Stadtrat für Wirtschaft, Soziales und Bürgerdienste bat die Einwohner um Mithilfe. Auch eine Gewerberaumbörse ist geplant. Joachim Kohl (CDU), der Bildung, Kultur und Sport verwaltet, fasste sein Ziel in einem Wort zusammen, das nicht in sein Gebiet fällt: "Schulsanierung."

Grygier, zuständig für Gesundheit und Personal, hält sich strikt an die Definition von Gesundheit der WHO: Physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden müsse im Bezirk ermöglicht werden. Dazu gehöre auch, die BSE-Diskussion zu führen und die gleiche Bezahlung für gleiche Leistung von Ost- und Westbeamten zu erreichen. Zurzeit erhalten in in ihrer Verwaltung 65 Ost-Beamte weniger Geld als ihre West-Kollegen und dürfen dafür zwei Stunden länger arbeiten - ein Zustand, der wenig beiträgt zu jenem "neuen Wir-Gefühl", das Grygier und ihre Bezirksamtskollegen anstreben. Immerhin: Die Stadträte jedenfalls schreiten einig voran.

Katharina Körting

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