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Auch Rentnerinnen können als Betreuerinnen arbeiten.

© Getty Images/Image Source

Für Alleinerziehende und Schichtarbeiter: Mobiler Kinderbetreuungsservice hilft berufstätigen Eltern in Berlin

Spät abends oder früh morgens: Ein Projekt des Senats hilft Eltern mit besonderen Arbeitszeiten. Wie das funktioniert, und welche Voraussetzungen dafür gelten.

Von Charlotte Aebischer

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Das Jonglieren zwischen Kindern und Job ist für viele Eltern eine Herausforderung. Wenn der Job aber auch noch ungewöhnliche Arbeitszeiten voraussetzt, wie zum Beispiel im Schichtbetrieb, wird es richtig schwierig. Dann kann es sein, dass die normalen Kita-Öffnungszeiten nicht ausreichen. Dann kann die Mokis-Initiative helfen.   

Mokis steht für „Mobiler Kinderbetreuungsservice für Eltern mit besonderen Arbeitszeiten“. „Mobil, weil die betreuende Person zur Familie fährt“, erklärt Projektleiterin Annekatrin Grundke. Es gehe um ergänzende Kinderbetreuung, also in Randzeiten, spät abends oder früh morgens. „Das gibt es in keinem anderen Bundesland“, sagt sie. Im Anbetracht der Tatsache, dass es in keinem anderen Bundesland so viele Alleinerziehende gebe wie in Berlin – etwa 30 Prozent der Haushalte –, sei das auch nicht erstaunlich. 

Neben Alleinerziehenden werde der Service hauptsächlich von Eltern, die im Schichtbetrieb arbeiten in Anspruch genommen. Pflegekräfte, Hebammen, aber auch Handwerker:innen oder Bäcker:innen – in all diesen Berufen müsse man regelmäßig zu ungewöhnlichen Arbeitszeiten arbeiten. Auch handelt es sich laut Grundke oft um Haushalte mit einem finanziell prekären Hintergrund

720 erfolgreiche Vermittlungen 

Finanziert wird das Projekt von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. 720 erfolgreiche Vermittlungen können die fünf MitarbeiterInnen des Service seit der Gründung in 2016 vorweisen. Vorher gab es das Modell der 24-Stunden-Kita, das habe sich nicht bewährt, sagt Grundke: „Das Konzept war einfach zu unpraktisch für jene, die nicht in der direkten Umgebung der Kita wohnten“. 

Die Mokis-Mitarbeiter vermitteln Betreuungspersonen an Familien, beraten sie aber auch. „Wir sind viel und schnell erreichbar, das ist uns sehr wichtig“, sagt Grundke. So könne man Familien über Möglichkeiten informieren und verschiedene Lösungswege anbieten. Zum Beispiel können die Eltern auch eine:n Bekannte:n beim Jugendamt als Betreuungsperson vorschlagen.  Zu den Grundvoraussetzungen gehöre allerdings eine dreitägige Basis-Ausbildung. 

„Ein richtiger Prozess“ 

Umso wichtiger sei die Beratung, weil die Vermittlung „ein richtiger Prozess“ sei, sagt die Projektleiterin. Erst müsse die richtige Betreuungsperson für den jeweiligen Haushalt gefunden werden: „Da gibt es sehr spezifische Präferenzen“. Im Durchschnitt warte eine Familie in etwa vier Monate bis zur Vermittlung. Gebe es ein „Match“, müsse das Jugendamt die Betreuungsperson noch prüfen.

Grundke hat Verständnis dafür, dass ein solcher Prozess frustrierend sein kann. „Es geht hier um eine sehr sensible Betreuungsform“, sagt sie. Das Wohl der Kinder stehe im Vordergrund, mehr als der Bedarf der Eltern. Klare Zuweisungskriterien gebe es nicht. Das Angebot sei Einkommensunabhängig. Allerdings achte man zum Beispiel besonders darauf, dass Kinder nicht zu viel von Außenstehenden betreut werden. „Am Ende ist es immer eine Einzelfallentscheidung“, sagt Grundke. 

Nachfrage weit über dem Angebot 

Tatsächlich könne aber für fast die Hälfte aller Familien keine passende Betreuungsperson gefunden werden. „So wie in jeder anderen Branche bekommen wir den Personalmangel natürlich auch zu spüren“, kommentiert die Projektleiterin. Sie bedauert, dass viele trotz anfänglichen Interesses aussteigen würden. Das liege einerseits an dem langwierigen Prozess, andererseits an der Tatsache, dass die Betreuung als selbstständige Tätigkeit gelte. Insbesondere auf Rentner wirke das oft abschreckend. 

Trotz berlinweiter Werbung, sei es nach wie vor schwierig Betreuer:innen zu finden. Die Mehrheit der jetzigen Betreuungspersonen stamme aus dem pädagogischen Bereich. Aber auch viele Student:innen und Rentner:innen seien dabei. Der Stundenlohn liege bei 12,50 Euro, knapp über dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn, steige aber im Januar auf 13 Euro. 

Grund zur Hoffnung 

Grundke bleibt positiv. Zwar könne der Job entmutigend sein, wenn man niemanden vermitteln könne. Oft könne man aber trotzdem durch Beratung helfen. Sie betont auch, es sei motivierend von guten Erfahrungen zu hören. „Zum Beispiel gibt es Rentner, die selbst keine Familie haben, und die als Betreuer richtig aufgehen“, erzählt sie.

Auch habe sich das Aufgabenfeld des Mokis seit 2019 um Kinderbetreuung in Unternehmen erweitert. „In Berlin ist es ja mittlerweile fast schwieriger einen Kita-Platz zu bekommen als eine Wohnung“, sagt Grundke. Es fehle nicht nur an Personal, sondern auch an Räumlichkeiten. Deshalb sei es sinnvoll, wenn Unternehmen diese für ihre Angestellten bereitstellen. Hier helfe Mokis dabei, eigene passende Betreuungsformen zu finden. Bisher seien 72 Unternehmen beraten worden. 

Insgesamt müsse man bedenken, dass die aktuelle Situation deutlich besser sei als in anderen Bundesländern. „Viele gucken etwas neidisch nach Berlin auf unseren Service“, sagt Grundke.

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