ICC: "Für Emotionen ungeeignet"
Finanzsenator Thilo Sarrazin will das ICC verkaufen und plädiert für den Bau einer neuen Halle. Doch die SPD-Fraktion will die "Ikone der West-City" nicht "leichtfertig" aufgeben.
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Berlin - Die Zukunft des Internationalen Kongress Centrums (ICC) in Berlin ist seit Jahren ein emotionsgeladenes Streitthema. Auch innerhalb der SPD gehen die Meinungen dazu auseinander. Finanzsenator Thilo Sarrazin plädiert für den Verkauf des Komplexes und den Bau einer neuen Halle. Dagegen befürwortet die SPD-Fraktion die Sanierung des Gebäudes.
Sarrazin hält eine "moderne Halle mit niedrigen Betriebskosten" für notwendig. Das ICC, bei dem nur knapp elf Prozent der Nutzfläche für Veranstaltungen genutzt werden können, sei "funktional nicht marktgerecht", sagte der Senator. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass für das ICC "eine andere Verwendung" gefunden werden könne. Der 28 Jahre alte "Zweckbau" sei "nicht alt und schön genug, um Emotionen den Vorrang zu geben", sagte der Senator.
Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz leugnete nicht, dass in der Diskussion Gefühle eine Rolle spielten. Das sei immer so, wenn ein Gebäude "stadtbildprägend" und damit ein Identifikationsobjekt sei. Allerdings besitze es mit einem Saal für mehr als 9000 Besucher, zahlreichen kleineren Räumen und Ausstellungsflächen auch ein "Alleinstellungsmerkmal". Zudem sei die Anbindung an das Messegelände "ideal", sagte der SPD-Abgeordnete.
Für die Attraktivität des ICC spricht nach Darstellung von Buchholz, dass es bereits mehrfach von einem unabhängigen Verband zum besten Kongresszentrum der Welt gekürt worden sei. Die Flächenaufteilung in dem Objekt müsse "optimiert" und modernen Anforderungen angepasst werden, räumte er ein. Doch das sei nach Auffassung der Fraktion auch bei einer Sanierung möglich.
Sanierung teurer als Neubau?
Ähnlich hatte sich kürzlich SPD-Landes- und -Fraktionschef Michael Müller geäußert. Er betonte aber, dass sich das Ganze rechnen müsse. Zu den Kosten waren in den vergangenen Jahren mehrere Gutachten in Auftrag gegeben worden. Die Angaben für die Sanierung schwanken bisher zwischen 150 und 250 Millionen Euro. Strittig sind ebenso die geschätzten Aufwendungen für den Abriss der Deutschlandhalle und den Neubau eines Kongresszentrums an gleicher Stelle, den die Architekten Gerkan, Marg und Partner 2005 auf 63 Millionen Euro bezifferten.
Aus Sicht von Buchholz sind die Zahlen "nicht nachvollziehbar". Natürlich könne man für rund 60 Millionen Euro einen "viereckigen Würfel" bauen. Ein solches Gebäude werde aber sicher nicht den Anforderungen an ein modernes Kongresszentrum gerecht. Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Expertisen "ein stückweit von den Auftraggebern beeinflusst wurden", betonte der SPD-Politiker. Die Spitze richtet sich gegen Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei/PDS) und die Messe-Gesellschaft als Betreiber des ICC. Notwendig seien jetzt "unabhängige und belastbare Zahlen", forderte Buchholz. Derzeit sei die Sache "noch nicht entscheidungsreif".
Senatsbeschluss im Juli
Nach Darstellung Sarrazins würde ein Neubau nicht den Landeshaushalt belasten. Die Messe-Gesellschaft könnte ihn "aus eigener Kraft" errichten, weil sie dann die jährlichen Kosten für den Unterhalt des ICC von rund 15 Millionen Euro spare. Das Unternehmen wollte sich zu dem Thema nicht äußern.
Ein Senatsbeschluss werde für Juli angestrebt, sagte eine Sprecherin der Wirtschaftsverwaltung. Mitte März seien noch fehlende Unterlagen an die Stadtentwicklungsbehörde weitergeleitet worden, die eine "zügige Bearbeitung zugesagt" habe. Im Mai werde das ICC nochmals im parlamentarischen Ausschuss für Bauen und Wohnen auf der Tagesordnung stehen. (Von Christina Schultze, ddp)
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