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Keine Alternative? Wenn Antifa und Neonazis aufeinanderstoßen, wird es in der Regel etwas unentspannt. Sebastian und Tarik sehen dennoch keine andere Lösung.

© dpa

Linksjugend und Antifa: Gegen rechts: Mit und ohne Gewalt

Tarik kann es sich „zeitlich nicht leisten“, verprügelt zu werden. Martin will das gar nicht. Sebastian riskiert es. Drei Aktivisten.

Tarik träumt von einer Welt ohne Staaten, in der es allen Menschen so gut geht, dass ideologischer Nationalismus keinen Boden findet. Ihm ist klar, dass das eine Utopie ist. Trotzdem will der 18-jährige Abiturient in Berlin keine Nazis sehen. Deshalb engagiert er sich in der Antifa. Für noch gefährlicher als NPD-Mitglieder hält er allerdings Leute, die nicht zugeben wollen, dass sie Nazis sind. Tarik geht oft zu Infoveranstaltungen, teilt Flyer aus, druckt Plakate oder versucht, Nazi-Demonstrationen durch Blockaden zu verhindern. „Nazis können in Berlin nicht präsent sein, ohne dass wir da sind und laut demonstrieren“, sagt er stolz.

Brenzlig wurde es für ihn einmal, als er mit anderen Antifaschisten in Hamburg auf einer Straße saß, auf der Nazis demonstrieren wollten. Die Polizei forderte sie über Lautsprecher dazu auf, die Straße freizugeben. Als sie sich weigerten, setzten sie Pfefferspray und Tränengas ein. „Ich habe panische Angst bekommen, als ich sah, wie die Polizisten auf Leute eingeschlagen haben“, sagt er. Statt sich an den Schlägereien zu beteiligen, ist er weggerannt. „Ich kann es mir gerade in der Abizeit nicht leisten, zusammengeschlagen zu werden“, das sagt er wirklich. Stattdessen fragt er Leute mit Thor-Steinar-Klamotten: „Was willst du eigentlich bezwecken?“ Vielleicht denken sie dann eine Sekunde darüber nach. Hofft er jedenfalls.

Martin (20) engagiert sich lieber in einer Partei.
Martin (20) engagiert sich lieber in einer Partei.

© Luisa Meyer

Martin ist 20 und spricht ruhig und reflektiert. Er wirkt wie ein Junior-Diplomat. Anstatt lauthals gegen Pegida oder Bärgida zu wettern, solle man lieber die Zustände der Flüchtlinge verbessern, findet er. Zum Beispiel das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen. „Das macht Menschen zu Personen zweiter Klasse“, sagt der Politikstudent. Dafür engagiert er sich im Parteivorstand der Linken in Tempelhof-Schöneberg.

Gewalt bei Demonstrationen lehnt er entschieden ab. Politik ist für ihn ein kommunikativer Prozess, bei dem man miteinander ins Gespräch kommt und konstruktiv streitet. „Die Leute, die allein Gewalt im Sinn haben, sind nicht politisch, sondern wollen nur mit der Brechstange Probleme angehen.“

"Friedensgebete bringen nichts"

Wenn Sebastian auf Naziblockaden geht, ist er im Schwarzen Block unterwegs. Darum steht in diesem Text auch nicht sein richtiger Name. Er ist 20 Jahre alt und in der Antifa. Er war erst bei den Jusos, dann kam er mit autonomen Gruppen in Kontakt. Als er in Dresden bei einer großen Naziblockade zum ersten Mal beobachtete, wie Polizisten Pfefferspray und Schlagstöcke gegen Protestierende einsetzten, reichte ihm Schilder hochhalten und Parolen rufen nicht mehr. Zwar sei Gewalt immer das letzte Mittel – gegen Nazis hält er sie aber für legitim: „Die faschistische Hitlerdiktatur wurde auch nicht mit Friedensgebeten vertrieben.“ Bei Polizisten sieht das anders aus. „Ich würde niemals von mir aus gegen Polizisten vorgehen“, sagt Sebastian. „Die Polizei sollte aber nicht das Gewaltmonopol haben.“

Wenn jemand auf einer Demo von der Polizei angegriffen wird, solle man das Recht haben,sich zu wehren. „Es kann auch sein, dass man versucht, Sachschäden an Fahrzeugen von staatlichen Repressionsapparaten vorzunehmen“, fügt er hinzu. Polizeiautos zu demolieren, soll das heißen.

In einem Punkt sind sich Tarik, Martin und Sebastian aber einig: Wenn Nazis auf die Straße gehen, dann muss es Leute geben, die dagegen demonstrieren und zeigen, dass rechtes Gedankengut nicht akzeptiert wird. Und dass Flüchtlinge willkommen geheißen werden müssen.

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Luisa Meyer, 20, Lena Skrotzki, 19

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