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Unverletzlich? Für die Wohnung von Sybille M. galt das nicht.

©  Friso Gentsch / dpa

Berlin: Gerichtsvollzieher irrt sich in der Tür

Ein Kunde schuldet dem Gasversorger Geld. Doch der Gerichtsvollzieher vollstreckt im zweiten Obergeschoss rechts statt links. Für eine Betroffene hat das unangenehme Folgen.

Von Fatina Keilani

Als Sybille M. am Montag, dem 28. November, mittags nach Hause kam, fand sie ihre Wohnungstür aufgebrochen vor. Doch es waren keine Diebe, die das zu verantworten hatten, sondern im Gegenteil jemand, der eigentlich auf der Seite von Recht und Ordnung stehen sollte: der Gerichtsvollzieher. Nur dass er gar nicht zu Frau M. wollte, sondern zu Herrn W., der mit Vornamen aber so heißt wie Frau M. mit Nachnamen.

Sie wohnt zweites OG rechts, Herr W. zweites OG links. Allerdings stimmt auch das nicht mehr ganz, denn Herr W. ist schon im Jahr 2015 weggezogen. Vollstrecken wollte Gerichtsvollzieher Herrn W. eine Forderung der Gasag. Frau M. hat noch nicht mal einen Vertrag mit der Gasag; sie hat gar keinen Gasanschluss.

„Ich fand einen Zettel vom Gerichtsvollzieher vor und meldete mich bei ihm“, schildert Sybille M. „Er war sehr schwer zu erreichen, und als ich ihn endlich am Telefon hatte, war er sehr unfreundlich, sogar unverschämt.“ Entschuldigt habe er sich nicht. Auch für den Tagesspiegel war W. trotz mehrfacher Versuche nicht erreichbar.

Wie es zu dem Irrtum kam, ist noch unklar

„Ich habe dann erst mal die Schlösser wechseln lassen und einen Putzdienst beschäftigt“, schildert M. am Telefon. „Bei der Gasag versprach man mir, den Schaden zu ersetzen. Ich habe die Rechnung auch sofort hingeschickt, aber bisher kam keine Reaktion.“

Anders beim Amtsgericht Schöneberg. In dessen Beritt gehört der Gerichtsvollzieher. M. schrieb hin und bekam prompt die Bestätigung, dass sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben habe. Gerichtsvollzieher sind Beamte der Justiz.

Die Gasag fühlt mit: „Wir bedauern das sehr und werden den Schaden von Frau M. zügig begleichen“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Wie es zu dem Irrtum kommen konnte, sei noch nicht aufgeklärt – man habe das Protokoll des Gerichtsvollziehers noch nicht erhalten.

Generell sei es aber so, dass der Öffnung einer Wohnung durch den Gerichtsvollzieher ein langwieriger Prozess vorausgehe, mit mehreren Mahnstufen, Briefen mit Ankündigungen, und es bedürfe auch eines vollstreckbaren Titels, sprich: eines Gerichtsurteils.

All das hatte die Gasag eingehalten, nur dass der Schuldner die viele Post vielleicht gar nicht bekommen hat. Er ist laut Nachbarin M. im Sommer 2015 ausgezogen, dann wurde die Wohnung renoviert. Mitte 2016 seien dann die neuen Nachbarn eingezogen.

Das immerhin hat auch die Gasag festgestellt: Es wird Gas verbraucht. Leer stehen kann die Wohnung also nicht. Dass sie den Schaden erst mal bezahlt, ist eine freundliche Geste der Gasag: Verursacht hat ihn ein anderer.

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