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Berlin: Heiß umkämpfter Platz an der Sonne

Im Rennen um die Gastronomie am Lietzensee gibt es viele Konkurrenten – die streiten jetzt vor Gericht

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Ein Wochenende, wie geschaffen für den schönen Lietzensee. Wenn die Sonne scheint und die Enten übers Wasser schnattern, ist es ein entspannendes Vergnügen, gegenüber dem Funkturm, diesem alten langen Lulatsch, zu sitzen und seinen Cappuccino zu rühren. Hier, beim weißen Bordeaux, ist die heile Welt von West-Berlin. Nur der Zustand des Cafés stört die Idylle, die gutbürgerliche Umgebung hat Besseres verdient als die marode Hütte aus den sechziger Jahren.

Deshalb wollte das Bezirksamt den Vertrag mit dem bisherigen Pächter nicht weiter verlängern und sucht einen neuen Gastronomen, der diesen allseits beliebten Treffpunkt am Lietzenseeufer auf zeitgemäße Weise bewirtschaftet. Beispiele dafür, wie das aussehen könnte, gibt es mittlerweile genug in der Stadt. Der zuständige Stadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) nennt als wichtige Ausschreibungskriterien einen gut geführten ganzjährigen Café-Restaurant-Betrieb, einen Neubau, der sich an der historischen Bebauung eines früheren Bootshauses orientieren sollte, und eine große Portion Erfahrung, die der Pächter mitbringen muss, wenn der Vertrag über 15 bis 20 Jahre laufen wird.

Restaurants gibt es in der näheren Umgebung in großer Zahl, das Interesse an dieser Goldgrube im Park am See ist groß. Aus zwölf Bewerbern wurden zunächst fünf aussortiert und sieben ausgewählt. Diese konnten ihre Vorstellungen auf einer Sitzung präsentieren, danach waren nur noch vier übrig, die von den Fraktionen benotet und platziert wurden. Als Sieger ging dabei das Stella Alpina hervor, ein beliebtes Ristorante in der Suarezstraße 4, dessen Betreiber seit über 20 Jahren in Berlin zu Hause sind.

Die Freude bei den Italienern ist noch etwas verhalten, denn der Sieg bedeutet noch nicht den Zuschlag. Einen ersten Bremsklotz hat einer der unterlegenen Gastronomen ins Verfahren geschoben: Die Inhaberin des Restaurants Manstein kritisiert das Vorgehen als nicht transparent genug und hat beim Landgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt. Ihrer Meinung nach hätten auch Vertreter des Denkmalschutzes mitentscheiden sollen, die Entwürfe müssten allen Bürgern zur Kenntnis gebracht werden. Am heutigen Montag gibt es einen Gerichtstermin in dieser Sache. „Bis dahin sage ich lieber nichts“, sagt Biagio Vinci.

Aber auch das Bezirksamt weist darauf hin, dass noch keine abschließende Entscheidung gefallen sei. Die Abteilung Bauwesen habe zwar Vorverhandlungen mit dem aussichtsreichsten Kandidaten aufgenommen, „da jedoch auch dessen Konzept bisher nicht für den Abschluss eines dauerhaften Pachtvertrages ausreicht, sind Nachbesserungen erforderlich“. Das Bezirksamt will Ende März in konkrete Vertragsverhandlungen eintreten.

Mittlerweile wird der Stadtrat im Charlottenburger Rathaus mit Briefen, Petitionen und Unterschriftenlisten bombardiert. „Sie glauben ja gar nicht, wie viel Lobbyarbeit hier gemacht wird, vom einfachen Gast bis zum Bundesminister a.D. ist alles vertreten.“ Das letzte Wort haben das Bezirksamt und Stadtrat Gröhler, und da stehen nicht die Interessen einzelner Restaurantbesitzer, sondern das Wohl der Gäste an erster Stelle. „Natürlich ist das eine heftig umkämpfte Entscheidung“, sagt der Stadtrat – aber er hat schon ganz andere Sachen gedeichselt: Gröhler war einst im Senat für die Vergabe von Aufträgen bei der Sanierung des Olympiastadions zuständig. Und da ging es um 512 Millionen Mark. Dagegen ist das Café am Lietzensee nun wirklich ein Klacks.

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