Berlin: Hotelbesitzer pokert um eine Landesbehörde
Vermögensamt soll in Bürohaus des Estrel-Eigentümers Streletzki ziehen. Parlamentarier kritisieren das Verfahren
Das ist gut für den Hotel-Unternehmer Ekkehard Streletzki: Sein leer stehendes Büro- und Geschäftshaus in der Köpenicker Straße 126 soll mit 440 Mitarbeitern des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) aufgefüllt werden. Zehn Jahre saß das Amt im Gewerbehof Rungestraße. „Zu abartig hohen Mietpreisen“, stöhnte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern. Deshalb wolle man umziehen, um jährlich vier Millionen Euro einzusparen.
Streletzki, dem auch das „Estrel“-Hotel in Neukölln gehört, hat der Finanzverwaltung ein außerordentlich günstiges Angebot gemacht: 2,89 Euro pro Quadratmeter. Zurzeit wohnt das Amt fast zehn Mal so teuer. Auch der Umzug des LARoV und die Renovierung ist nach Einschätzung der Finanzverwaltung preiswert zu haben: für 131 000 Euro. Der neue Vermieter kann dann vielleicht leichter schlafen. Wie der Tagesspiegel im April 1991 berichtete, steht das Haus in der Köpenicker Straße auf der Schuldner-Liste der Bankgesellschaft und wurde in einer internen Bankbewertung als problematisch eingestuft. Kreditgeber war ursprünglich die Berlin-Hyp. Im Zuge des Berliner Bankenskandals wurde die Kreditschuld zusammen mit anderen Risiken auf die Bankgesellschaft übertragen.
Niemand wirft dem Hotelbetreiber öffentlich vor, er habe hier einen „Deal“ mit dem Senat gemacht, um mit dem Gebäude in der Köpenicker/Ecke Adalbertstraße endlich Geld zu verdienen. Aber es findet bisher auch niemand eine Erklärung dafür, warum die Finanzverwaltung so großen Druck auf das Landesparlament ausübte, um den neuen Mietvertrag schnell genehmigt zu bekommen. „Es ist schon ungewöhnlich, dass Finanz-Staatssekretärin Gabriele Pöschl-Westphal uns vehement gedrängt hat, über den Umzug des LARoV aus der Rungestraße in einer Sondersitzung des Vermögensausschusses am 23. Februar zu entscheiden“, sagte der Vize-Ausschussvorsitzende Jochen Esser gestern dem Tagesspiegel. Zumal Mietverträge nicht Sache des Vermögens-, sondern des Hauptausschusses seien. „Außerdem spiegelte die Vorlage der Finanzverwaltung nicht den aktuellen Stand der Verhandlungen mit den Anbietern wider“. Die Haushälter, damals beeindruckt von der günstigen Offerte Streletzkis, stimmten der Vorlage trotzdem zu. Doch am Mittwoch revidierte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses diese Entscheidung. Es war bekannt geworden, dass der bisherige LARoV-Vermieter (GbR Rungestraße in Düsseldorf) ein deutlich verbessertes Angebot abgegeben und die Finanzverwaltung ihm sogleich schriftlich – per Email – bestätigt hatte: „Ihr Angebot haben wir als das wirtschaftlichste identifiziert“.
Diese Einschätzung sei jedoch einen Tag später korrigiert worden, teilte Claus Guggenberger, Sprecher der Finanzverwaltung, gestern mit. „Das Angebot Köpenicker-/Adalbertstraße ist doch das günstigste“. Von einer weiteren, wiederum nachgebesserten Offerte des Vermieters in der Rungestraße sei der Finanzverwaltung nichts bekannt. Der Bevollmächtigte der GbR Rungestraße, Rechtsanwalt Andreas Köhler, widersprach. „Wir haben der Finanzverwaltung am Mittwoch ein neues Angebot angekündigt, aber es besteht offenkundig kein Interesse“.
Köhler sprach gegenüber dem Tagesspiegel von einem „nicht ordnungsgemäßen Verfahren“. Jedesmal, wenn die GbR Rungestraße mit einem günstigeren Mietangebot nachgelegt habe, sei dies an Streletzki weitergegeben worden. „So dass er uns jedesmal unterbieten konnte“. Finanzsenator Sarrazin sieht den Wirbel um den Standort des Landesamts, dessen alter Mietvertrag Ende September ausläuft, gelassen. „Wenn es wettbewerblich zugeht, ist das doch wunderbar“. Ihm gehe es darum, einen möglichst niedrigen Mietpreis zu zahlen. Das letzte Wort hat nun der parlamentarische Hauptausschuss.